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Sichere Anleihehäfen gesucht

Juni 2025
Die Steuerpläne des US-Präsidenten Donald Trump verteuern die Staatsschulden und verunsichern internationale Anleger, mahnt Jan Viebig, ODDO BHF SE. Europa könnte profitieren.
ODDO BHF SE
Jan Viebig, ODDO BHF SE

Vor dem Hintergrund von Trumps Wirtschaftspolitik wird es für die USA schwieriger, ihre Staatsausgaben zu finanzieren, konstatiert Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, in seinem aktuellen Marktkommentar. Damit kommt auf die globalen Kapitalmärkte, vor allem für den US-Staatsanleihemarkt, eine besondere Herausforderung zu. Für Europa könnte die neue Lage allerdings auch Chancen bieten. Die Zutaten, mit denen US-Präsident Donald Trump das Haushaltsgesetz „One Big Beautiful Act“ (OBBA) garniert, ergeben eine brisante Mischung: Das Gesetz führt laut dem Congressional Budget Office zu einer Erhöhung der Staatsverschuldung von 2,3 Billionen US-Dollar. Denn den zahlreichen Wohltaten für Steuerzahler stehen nur begrenzte Minderausgaben gegenüber.

Trumps Pläne verschrecken internationale Anleger, die jahrzehntelang amerikanische Staatsanleihen als „sicheren Hafen“ angesehen hatten. Diese Verunsicherung kommt zur Unzeit. Denn in diesem Jahr werden Staatsanleihen im Volumen von 9,2 Billionen Dollar der insgesamt 36 Billionen Dollar hohen Staatsschulden fällig. Somit muss Finanzminister Scott Bessent nicht nur das hohe laufende Defizit finanzieren, sondern kurzfristig für gut ein Viertel der Staatsschulden eine Anschlussfinanzierung finden. Die fällig werdenden Staatsanleihen belaufen sich in etwa auf das Doppelte der staatlichen Einnahmen von rund 5 Billionen Dollar.

Niemand an den Kapitalmärkten rechnet ernsthaft damit, dass Bessent bei dieser Aufgabe scheitern könnte. Die Frage ist vielmehr, zu welchem Zins ihm dies gelingt. Die im neuen Haushaltspaket enthaltene Steuerrechtsänderung würde es der US-Regierung ermöglichen, Einkommen von Ausländern in den USA (Kapitaleinkünfte und gewerbliche Einkünfte) mit einer Zusatzsteuer von bis zu 20 Prozent zu belegen, sollte die US-Regierung die steuerliche Behandlung von US-Unternehmen im Ausland als unfair empfinden.

WERDEN DIE RENDITEN STEIGEN?

Derartige Konzepte geben ausländischen Investoren nicht das Gefühl, willkommen zu sein. Einer niedrigeren Nachfrage nach Treasuries müsste die US-Regierung mit einer höheren Rendite begegnen. Doch allein ein um 0,1 Prozent höherer Zinssatz ergibt auf den Betrag, der zur Refinanzierung ansteht, eine Erhöhung der amerikanischen Zinslast um 9,2 Milliarden Dollar jährlich. Angesichts der gestiegenen Schulden und Zinsen gibt das US-Schatzamt inzwischen mehr Geld für Zinsen aus als für das gesamte Militär.

Der finanzielle Engpass der USA ist nicht allein Trump anzulasten. Seit dem Jahr 2020 ist die Staatsverschuldung um 13 Billionen Dollar gestiegen. Allerdings hat Trump eine Wirtschaftspolitik zu verantworten, die die hohen Staatsschulden weiter steigen lässt, ungeachtet der Tatsache, dass eine Haushaltskonsolidierung das Gebot der Stunde wäre. Die Folgen lassen sich an zwei Parametern ablesen: Erstens liegt die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen aktuell bei rund 4,46 Prozent und damit im langjährigen Vergleich auf einem hohen Niveau. Damit zahlt die US-Regierung jetzt schon mehr als etwa die deutsche Bundesregierung. Zehnjährige Bundesanleihen werden aktuell mit 2,53 Prozent verzinst. Zweitens ist der Außenwert des Dollar in diesem Jahr stark gesunken. Lag der Wechselkurs zu Jahresbeginn bei rund 1,03 Dollar je Euro, hat er seitdem rund 10 Prozent auf aktuell etwa 1,14 Dollar je Euro verloren. Dieser Rückgang geht zu Lasten ausländischer Investoren, die Anleihen oder Aktien in US-Dollar halten.

Aus europäischer Sicht könnte die neue Lage die politische Chance bieten, die internationale Bedeutung des Euro zu stärken. Seit Jahren nimmt die Bedeutung des US-Dollar als Weltleitwährung ab. Nur noch 57,3 Prozent der Währungsreserven auf der Welt macht der Dollar dem IWF zufolge aus. Aber erst weit dahinter folgt auf dem zweiten Rang der Euro mit 20 Prozent, an dritter Stelle und mit 5,8 Prozent weit abgeschlagen der japanische Yen. Anfang 2016, zu Beginn der IWF-Zeitreihe, waren die Weltwährungsreserven noch zu 65,5 Prozent im Dollar und zu 19,6 Prozent im Euro angelegt. Diese Zahlen zeigen, wie sehr die Bedeutung der amerikanischen Währung in den vergangenen Jahren geschrumpft ist.

RÜCKENWIND FÜR DEN EURO

Die IWF-Zahlen zeigen allerdings auch, dass der Euro bisher wenig von der strukturellen Schwäche des Dollar profitiert hat. Ein wesentlicher Grund liegt unseres Erachtens darin, dass besonders internationale Anleger Schwächen in der politischen Konstruktion des Euro ausmachen. Mit Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht im Jahr 1993 hat sich Europa für eine einheitliche Währung und eine gemeinsame Geldpolitik entschieden. Die Wirtschafts-, Fiskalpolitik- und Sozialpolitik verbleibt aber überwiegend bei den Mitgliedstaaten. Die Integration Europas bleibt unvollendet. Eine immer engere politische Union könnte zu mehr Stabilität auf dem „alten Kontinent“ führen.

Ein wichtiges Thema ist zudem die Europäische Kapitalmarktunion. Eine stärkere Integration der Kapitalmärkte könnte langfristig Wachstum, Investitionen und Stabilität in der Europäischen Union fördern. Der europäische Kapitalmarkt besitzt großes Potenzial. Die Haushalte im Euroraum verfügten Ende 2024 laut Europäischer Zentralbank über ein Finanzvermögen von 33,5 Billionen Euro. Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben in Europa oftmals Schwierigkeiten, Kapital über das Bankensystem zu bekommen. Eine Kapitalmarktunion könnte Billionen Euro an Risikokapital für KMUs mobilisieren, die Vielfalt der Finanzierungsquellen fördern und die internationale Rolle des Euro stärken. Die von Trump verursachte Unsicherheit trägt zudem dazu bei, dass die europäischen Kapitalmärkte derzeit international viel Investorengeld anziehen.