In den USA verändert sich derzeit vieles grundlegend – insbesondere im Hinblick auf Handelspolitik, Steuerpolitik und Regulierung. Die ersten Veränderungen leitete US-Präsident Donald Trump sofort nach seiner Wahl ein und signalisierte dadurch den radikalen Bruch mit der Biden-Regierung. Der Wohnungsmarkt zeigt sich bislang jedoch weitgehend resistent gegenüber kurzfristigen politischen Ausschlägen. Bei seiner Antrittsrede versprach Trump den Amerikanern ein „goldenes Zeitalter“. Doch davon ist das Land vielfach weit entfernt. Ein Blick auf den Wohnungsmarkt macht das deutlich.
Als Beispiel führt Martin Stoß, Geschäftsführer der BVT Holding Verwaltungs GmbH, den Standort Bethesda im Norden von Washington an, wo sie für einen neuen Fonds eine Beteiligung an der Entwicklung einer „Class-A“-Apartmentanlage mit 386 Wohneinheiten planen. Obwohl das durchschnittliche Haushaltseinkommen dort bei rund 178.000 US-Dollar liegt und somit dem 2,5-fachen des landesweiten Durchschnitts entspricht, reiche dies dennoch nicht, denn es können damit nur rund 70 Prozent der durch einen Hauskauf zu erwartenden Kosten abgedeckt werden. Eine durch BVT intern erstellte Hochrechnung ergab, dass die mit einem Hauskauf verbundenen Kosten dort um 62 Prozent über den Kosten eines Mietverhältnisses liegen.
Mit dem BVT-Residential-USA-Konzept setzt die Gesellschaft auf den frühen Einstieg in die Entwicklung hochwertiger Class-A-Apartmentanlagen mit erfahrenen US-Partnern, anschließender Vermietung und späterem Gesamtverkauf – meist innerhalb von drei bis vier Jahren. Auch im aktuell herausfordernden Umfeld habe man letztes Jahr zwei vollvermietete Projekte in Boston erfolgreich verkauft, teils mit längerer Haltedauer, aber zu oder über dem prospektierten Verkaufspreis, so Stoß. Entscheidend für den Erfolg bei längeren Haltedauern sei vor allem ein aktives Asset-Management, um durch hohe Vermietungsquoten und Mietsteigerungen Renditeeinbußen ausgleichen zu können.
Den Trend zum Mieten sieht auch Fabian Spindler, Geschäftsführer der Jamestown US-Immobilien GmbH: „Wir glauben weiterhin an die Stärke des US-Wohnungsmarkts, da in den letzten Jahren nur wenig gebaut wurde und wir nach wie vor einen robusten Mietmarkt beobachten.“ Nachdem in den USA zehn Jahre lang zu wenig Mietwohnungen gebaut wurden, sind sowohl die Zahl der zum Verkauf stehenden Objekte als auch die Leerstandsquoten bei Mietwohnungen so niedrig wie seit zwanzig Jahren nicht mehr. Orientiert man sich an den Zahlen des Census Bureaus, besteht ein Nachfrageüberhang von etwa drei Millionen Wohneinheiten. In der zweiten Hälfte des Jahres 2025 werden die Vereinigten Staaten in eine längere Periode extremer Unterversorgung mit Wohnraum eintreten. Bis 2035 müssten mindestens 4,3 Millionen weitere Wohnungen gebaut werden, nur um Schritt zu halten, so die National Apartment Association (NAA) und der National Multifamily Housing Council (NMHC).
„Wir konzentrieren unsere Development-Aktivitäten in den USA auf Wohnimmobilien, speziell auf Multi-Family-Projekte in den Sunbelt-Staaten. Diese Regionen bieten die besten demografischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“, sagt auch Pepijn Morshuis, CEO, Trei Real Estate. „Derzeit entwickeln wir unsere Immobilien mit eigenem Kapital und verkaufen sie nach Fertigstellung. Um unser Geschäft weiter zu skalieren, suchen wir jedoch Joint-Venture-Partner für die Entwicklung neuer Projekte. In Gesprächen stellen wir fest, dass vor allem Family Offices großes Interesse zeigen.“
Es gibt noch zwei weitere Gründe, die für das Mieten sprechen. Das negative Image der Mietshäuser, die lange als „Arme-Leute-Lösung“ gesehen wurden, haben sie längst abgelegt. Mittlerweile wohnt laut der Federal Reserve Bank of St. Louis mehr als ein Drittel der Amerikaner, in einer Mietwohnung. Viele Multifamily-Anlagen sind inzwischen sehr gut ausgestattet und genießen dadurch eine wesentlich höhere soziale Akzeptanz. Hinzu kommt, dass die Zahl der Single-Haushalte steigt. Laut dem United States Census Bureau betrug die durchschnittliche Haushaltsgröße 1990 noch 2,63 Personen. Im Jahr 2023 lag sie bei 2,51 Personen. 1990 waren 24,6 Prozent der Haushalte Single-Haushalte, mittlerweile sind es über 29 Prozent.
flexible wohnlösungen gefragt
Mieten bedeutet für diese Personengruppe Flexibilität und Mobilität. „Wir sehen nach wie vor eine starke Nachfrage nach verschiedenen Mehrfamilienwohnformen in zentralen, gemischt genutzten Umgebungen, die soziale Interaktion fördern und ein gesundheits- sowie wellnessorientiertes Leben priorisieren“, analysiert Spindler. Während sich der Wohnungsmarkt weiterentwickele und sich an wandelnde Lebensstilpräferenzen anpasse, gewännen auch flexible Wohnlösungen, die Wohn- und Gastrokonzepte miteinander verbinden, zunehmend an Bedeutung. Diese innovativen Modelle sprächen Zielgruppen wie Studierende und temporäre Arbeitskräfte an, indem sie anpassbare und erschwingliche Optionen böten.
Volker Arndt, Geschäftsführer der US-Treuhand setzt allerdings derzeit weniger auf den Wohnsektor, da er ihn oft für überteuert hält. Qualitativ hochwertige Büroimmobilien würden derzeit für Renditen um sieben oder 7,5 Prozent gehandelt, bei Mietwohnanlagen lägen die Renditen bei fünf Prozent. Das sei viel zu teuer. Die Experten der US-Treuhand erwarten zudem Programme zur Ankurbelung privater Käufe von Eigenheimen und Wohnungen, beispielsweise durch Zinserleichterungen. Das hätte sehr negative Konsequenzen für den in Hype befindlichen Mietwohnmarkt, gibt Arndt zu bedenken: „Hier sehen wir aktuell sehr hohe Risiken.“ Doch auch wenn der Fokus derzeit auf Büroimmobilien liege, heiße das nicht, dass man die Entwicklung anderer Nutzungsarten nicht genau verfolge, betont Arndt.
Den größten Zuwachs werden die Regionen Dallas-Fort Worth, Houston, New York, Phoenix, Austin und Atlanta verzeichnen, stellt hingegen der „US Apartment Demand Through 2035“ Bericht fest. Jede von ihnen wird bis 2035 mehr als 100.000 zusätzliche Mietwohnungen benötigen. Insgesamt entspreche das einem Bedarf von fast einer Million neuer Wohneinheiten. Gleichzeitig würden kleinere, sekundäre Märkte im Durchschnitt schneller wachsen: Städte wie Boise, Las Vegas, Raleigh und Orlando werden voraussichtlich Raten von jährlich um mehr als zwei Prozent erreichen – also fast doppelt so hoch wie der US-Durchschnitt von 1,1 Prozent pro Jahr. Auch größere Märkte wie Phoenix und Dallas dürften jährlich um zwei Prozent oder mehr zulegen. Insgesamt wird das demografische Wachstum bis 2035, den Angaben zufolge, eine zusätzliche Nachfrage nach rund 3,7 Millionen neuen Mietobjekten mit fünf oder mehr Wohneinheiten erzeugen.
Der Neubau ist im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent zurückgegangen, 2023 lag der Rückgang in gleicher Höhe. Der Bedarf an Wohnraum dürfte daher auch in den kommenden Jahren weiter steigen, denn die Zahl der Einwohner wächst weiter. In den vergangenen 20 Jahren verzeichnete die US-Statistikbehörde im Schnitt einen jährlichen Bevölkerungszuwachs von gut zwei Millionen Menschen.
Insgesamt sehen viele Anbieter die politischen Veränderungen aufmerksam, aber mit einer gewissen Gelassenheit aus langer Erfahrung. Meist hätten sie, wie die Vergangenheit zeige, geringeren Einfluss auf die Marktentwicklung als angenommen, bestätigen auch US-Experten wie Arndt. Es dürfe zudem nicht vergessen werden, dass die US-Wirtschaft stark regional geprägt sei. In wachstumsstarken Regionen blieben die Fundamentaldaten für Bevölkerungswachstum, Konsumlaune und Unternehmenszuzüge sehr gut. Dort seien die Märkte auch sehr widerstandsfähig.
Rund 70 Prozent des Mietwohnraums liegt heute laut US-Real Investor in privater Hand. Kein Wunder: Der US-Wohnungsmarkt ist weitgehend frei von staatlichen Eingriffen. Die Mietverträge laufen üblicherweise nur für ein Jahr, bereits nach zwölf Monaten kann der Vermieter somit die Miete neu festsetzen. Ein positiver Aspekt für ausländische Investoren am US-Immobilienmarkt ist die weitere Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar. Die derzeitige Dollar-Schwäche kann somit als strategisches Zeitfenster genutzt werden.
Fazit
Investitionen in die soliden US-Immobilienmärkte – insbesondere in wachstumsstarke Ballungsräume – kombinieren potenzielle Wertsteigerungen mit laufenden Mieteinnahmen in Fremdwährung. Dabei gilt jedoch: Fundierte Marktkenntnisse, Erfahrung und eine sorgfältige Auswahl geeigneter Partner sind entscheidend. Denn nur mit Expertise lassen sich Chancen und Risiken frühzeitig erkennen und nachhaltige Erträge sichern. Wer also rechtzeitig in moderne, gut konzipierte und nachhaltig betriebene Mietwohnanlagen investiert, dürfte sich in einem Umfeld mit soliden Ertragsaussichten bewegen – trotz anhaltender politischer und wirtschaftlicher Umbrüche in den kommenden Jahren.