Die Entwicklungen am japanischen Markt für Staatsanleihen sorgen für einige Schlagzeilen. Denn die Renditen sind zuletzt deutlich gestiegen. Jene für zehnjährige Papiere haben sich von 0,80 Prozent im September 2024 auf etwa 1,60 Prozent im Juli dieses Jahres praktisch verdoppelt. Auch bei zweijährigen Anleihen kam es zu einer Verdopplung der Rendite – auf nunmehr 0,80 Prozent.
Dies sind die höchsten Renditen, die japanische Staatsanleihen seit 2008 verzeichnet haben, konstatiert Daniel Siluk, Portfoliomanager bei Janus Henderson Investors, in seinem neuen Marktkommentar. Darin geht er auf die Entwicklungen und mögliche Folgen für den globalen Bondmarkt näher ein:
WANDEL IN DER GELDPOLITIK
Die Veränderung der Renditen spiegelt einen bedeutenden Wandel in Japans Geldpolitik wider. Die Bank of Japan (BoJ) setzt ihren schrittweisen Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik fort. Denn die Inflation liegt seit mehr als drei Jahren über dem Zweiprozent-Ziel der BoJ. Auf der jüngsten Sitzung im Juni behielt die Notenbank ihren Referenzzinssatz zwar bei 0,50 Prozent bei. Jedoch ist dies bereits ein beachtlicher Anstieg im Vergleich zum Frühjahr 2024: So wurde damals im März der Satz erstmals von -0,10 auf 0,1 Prozent angehoben. Damit läutete die BoJ ihren Zinserhöhungszyklus ein.
Zwar wurde zuletzt beschlossen, die Zinsen unverändert zu belassen. Doch hat die BoJ ihre straffere Geldpolitik fortgesetzt, indem sie mit der Reduzierung ihrer Anleihekäufe begonnen hat. Das Ziel: Die monatlichen Käufe japanischer Staatsanleihen sollen von derzeit 4,1 Billionen Yen bis 2027 auf zwei Billionen Yen gesenkt werden. Dieser Zeitplan entspricht den Empfehlungen, die die BoJ im Mai bei einer Umfrage unter Marktteilnehmern erhalten hat.
WIE GEHT ES WEITER?
Der straffere Kurs der Zentralbank sieht sich nun jedoch mit innenpolitischer Unsicherheit konfrontiert. Nach der wichtigen Oberhauswahl preisen die Märkte das Risiko einer fiskalischen Expansion und politischen Widerstand gegen weitere Zinserhöhungen ein.
Die Oppositionsparteien haben sich in ihrem Wahlkampf für eine Senkung der Verbrauchssteuer und eine lockerere Geldpolitik ausgesprochen, was die BoJ zu einer Verzögerung weiterer Straffungsmaßnahmen zwingen könnte. Das Potenzial erhöhter Staatsausgaben – möglicherweise finanziert durch die Ausgabe zusätzlicher Anleihen – hat jedoch bereits die Renditen langfristiger Anleihen auf den höchsten Stand seit Jahrzehnten getrieben. Im Mai erreichte die Rendite 30-jähriger japanischer Staatsanleihen 3,2 Prozent.
DOMINOEFFEKT IST MÖGLICH
Die Auswirkungen auf die weltweiten Zinssätze sind erheblich. Japan dient als wichtiger Kapitalexporteur: Ein Szenario, in dem die inländischen Renditen weiter steigen, könnte den Appetit der japanischen Anleger auf ausländische Anleihen, insbesondere US-Treasuries und europäische Staatsanleihen, verringern. Dies könnte einen Aufwärtsdruck auf die globalen Renditen ausüben, insbesondere am langen Ende der Kurve. Sollte sich die Haushaltslage Japans weiter verschlechtern, könnte dies zudem generell Bedenken über die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung in anderen hoch verschuldeten Volkswirtschaften auslösen und die Volatilität an den globalen Anleihemärkten verstärken.
Insgesamt wird die vorsichtige Normalisierung der BoJ sowohl von der innenpolitischen Dynamik als auch von der globalen makroökonomischen Unsicherheit auf die Probe gestellt. Der starke Anstieg der Renditen japanischer Staatsanleihen ist nicht nur eine lokale Angelegenheit. Die Entwicklung signalisiert das Ende einer Ära global gedämpfter Renditen und der „neuen Normalität“ nach der Finanzkrise von 2008, die von niedrigen Leitzinsen und quantitativer Lockerung geprägt war.