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Fed: schwieriges Umfeld

September 2025
Die Politisierung der US-Notenbank schadet bereits jetzt, konstatiert Axel Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe.
FERI Gruppe
Axel Angermann, FERI Gruppe

Das Umfeld für geldpolitische Entscheidungen der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ist derzeit ausgesprochen schwierig: Erstens ist die weitere Entwicklung des Arbeitsmarktes mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, zweitens ist unklar, ob der aufgrund der Importzölle absehbare Inflationsanstieg temporären oder langfristigen Charakter haben wird. Und als dritter, zusätzlich erschwerender Faktor kommt der massive Versuch politischer Einflussnahme auf geldpolitische Entscheidungen der Fed hinzu. All dies hält Axel Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe, in seinem aktuellen Marktkommentar fest.

Mit Blick auf den Arbeitsmarkt nährt der sehr geringe Beschäftigungsaufbau in den zurückliegenden Monaten die Sorge vor einer deutlichen Verschlechterung der Lage. Allerdings könnte das geringe Beschäftigungswachstum auch an einem verringerten Arbeitskräfteangebot als direkte Folge der Trumpschen Migrationspolitik liegen. Aus unserer Sicht ist ein Einbruch des Arbeitsmarktes, also ein schneller Anstieg der Arbeitslosenquote, zwar denkbar, vorerst aber nicht sehr wahrscheinlich.

In den Daten zur Preisentwicklung zeigen sich inzwischen die Effekte der Zollpolitik: Im Juli stiegen die Produzentenpreise ohne Berücksichtigung der Energiepreise um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat – dabei war etwa die Hälfte der von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in Kraft getreten. Selbst wenn die Zölle nur zum Teil auf die Endverbraucher umgelegt werden sollten, sind ab August noch erhebliche Preissteigerungseffekte zu erwarten. Die Inflationsrate dürfte zum Jahresende bei etwa 3,5 Prozent liegen, deutlich über dem von der Fed angestrebten Ziel von 2 Prozent.

ERNEUTE FEHLER?

Nun wirken Zölle zunächst wie eine zusätzliche Steuer auf die betreffenden Produkte. Deshalb ist die Überlegung nicht abwegig, dass die preissteigernde Wirkung der Zölle temporärer Natur sein könnte. Wenn dies so wäre, würde sich die Inflationsrate nach etwa einem Jahr wieder normalisieren, die Geldpolitik könnte dann durch diesen Faktor „hindurchsehen“ und trotz der höheren Inflationsrate Zinssenkungen vornehmen. Allerdings gibt es ernsthafte Gegenargumente. Das wichtigste betrifft das Risiko von Zweitrundeneffekten: Wenn am Arbeitsmarkt mehr oder weniger Vollbeschäftigung herrscht, könnte eine zeitweise höhere Inflationsrate zu stärkeren Lohnsteigerungen führen. In diesem Fall würde sich der Inflationseffekt verfestigen.

Hinzu kommt, dass die erheblichen Steuerrückerstattungen, mit denen die US-Bürger im Frühjahr rechnen können, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach oben treiben und zusätzliche preissteigernde Effekte zur Folge haben könnten. In diesem Fall hätte die Fed, wenn sie Zinssenkungen vornähme, ihren Fehler aus dem Jahr 2022 wiederholt. Damals betrachtete sie die steigende Inflation zu lange als temporär und war schließlich zu drastischen Zinsanhebungen gezwungen.

Wenn sich nun das Fed-Direktoriumsmitglied Christopher Waller für baldige Zinssenkungen ausspricht, sind seine Ambitionen auf die Nachfolge von Fed-Chef Jerome Powell der sprichwörtliche Elefant im Raum. Allein der Verdacht, dass die geldpolitische Positionierung im Vorfeld der September-Sitzung nicht ausschließlich fachlicher Analyse entspringt, sondern auch dadurch motiviert sein könnte, Präsident Trump gefallen zu wollen, beschädigt die Reputation der Fed.

Nehmen die Zweifel an der Unabhängigkeit der Geldpolitik weiter zu, wäre ein massiver Vertrauensverlust der Kapitalmarktakteure und in der Folge eine globale Finanzkrise ein Szenario mit signifikanter Wahrscheinlichkeit. Kurzfristig wird die Fed mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte im September vermutlich noch einmal Geschlossenheit demonstrieren. Für das Jahr 2026 sollten Investoren aber von vornherein das Szenario größerer Finanzmarktturbulenzen infolge einer deutlichen Vertrauenserosion in die Unabhängigkeit der Institution Fed berücksichtigen.