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Auf Dekarbonisierung setzen

Printausgabe | September 2025
Die globale Erderwärmung steigt und steigt. Aktive und passive Klimawandelfonds setzen mit unterschiedlichen Strategien auf die Senkung von CO2-Emissionen. Im Blick sind Investments in Produkte und Dienstleistungen sowie eine fortschreitende Dekarbonisierung.
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Am 12. Dezember 2025 jährt sich die Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Paris zum zehnten Mal. Damals einigten sich 195 Staaten auf ein globales Klimaziel: Die weltweite Erderwärmung soll deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau gehalten werden, mit der Maßgabe, den Anstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Tatsächlich wurde bereits 2024 eine durchschnittliche Erderwärmung von mehr als 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau verzeichnet (siehe Schaubild). Stellt sich die Frage: War das eine Momentaufnahme oder ist hier ein Trend erkennbar?

KlimawandelfondsKlimaforscher betrachten hierfür 20-Jahres-Zeiträume. In einer aktuellen Studie kommt das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig zu folgenden Ergebnissen: In den 1980er-Jahren lag die Jahresdurchschnittstemperatur erstmals um 0,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Dieser Durchschnittswert blieb über die folgenden 20 Jahre hinweg entweder gleich oder stieg an. Nach Einschätzung der Studienautoren traf das auch für alle weiteren Temperaturrekorde der vergangenen Jahre zu – und dürfte damit eben auch für die erreichte 1,5 Grad-Schwelle gelten.

Vor sieben Jahren stellte der Weltklimarat IPCC in einem Sonderbericht zur globalen Erwärmung von 1,5 Grad Celsius fest: „Die globale Erwärmung erreicht 1,5 Grad Celsius wahrscheinlich zwischen 2030 und 2052, wenn sie mit der aktuellen Geschwindigkeit weiter zunimmt.“ Eingetreten ist das Szenario wie gesagt bereits sechs Jahre früher. Was das für die Zukunft bedeuten wird, skizzierte der Meteorologe und aus dem TV bekannte Wettermoderator Karsten Schwanke auf der Jubiläumsfeier der Ökoworld AG, dem grünen Pionier, der mit Freunden, Beschäftigten, Aktionären und Investoren in Dr. Thompson‘s Seifenfabrik in Düsseldorf sein 50-jähriges Bestehen feierte. Laut Schwanke war 1980 das erste Jahr, in dem eine globale Erderwärmung von 0,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau festgestellt wurde. Bis zum Erreichen der Marke von 1,0 Grad Celsius hat es dann 30 Jahre gedauert. In nur 14 Jahren, also weniger als der Hälfte der Zeit, ist die Erwärmung um weitere 0,5 Grad Celsius gestiegen. „Wenn wir diese exponentielle Entwicklung fortschreiben, kann ich heute schon abschätzen, wann wir die Marke von 2,0 Grad Celsius mit größerer Wahrscheinlichkeit erreichen werden, nämlich im Jahr 2031.“

„Wir investieren ausschließlich in Unternehmen, deren implizierter Temperaturanstieg (ITR) bei zwei Grad Celsius oder weniger liegt“, sagt Sophie Scott, CFA, Head of International Portfolio Specialists im Investment Solutions Team bei Allspring Global Investments. Beim Allspring (Lux) Worldwide Fund – Climate Transition Global Equity Fund konzentriert sich der Investitionsansatz auf den Übergang in eine dekarbonisierte Wirtschaft und damit nicht ausschließlich auf Unternehmen, die direkt in diesen Bereichen tätig sind. Der Fokus reicht vielmehr über das „gesamte Spektrum des Aktienmarktes hinweg in Unternehmen, die auf diesen Wandel vorbereitet sind“. Um einen ITR von zwei Grad Celsius oder weniger zu erreichen, müssen diese Unternehmen nachweisen, dass ihre geplanten Emissionen mit einem globalen Pfad vereinbar sind, der die Erderwärmung bis 2100 auf unter zwei Grad begrenzt, sagt Scott. Dies umfasse Unternehmen, die wissenschaftsbasierte Reduktionsziele festgelegt haben, ihre Emissionen durch operative Maßnahmen reduzieren oder ihre Kunden mithilfe von Produkten und Dienstleistungen beim Klimaschutz unterstützen.

Ein Blick auf die Top-Holdings zeigt, dass das Fondsmanagement vor allem in den Bereichen IT und Finanzen fündig wird, die zusammen rund 50 Prozent des Fondsportfolios stellen. Die Tech-Riesen Nvidia und Microsoft machen allein rund zehn Prozent des Fondsvolumens aus. „Nvidia wird in unserem Modell besonders hoch eingestuft und ist daher im Portfolio übergewichtet, während Microsoft neutral bewertet ist und sich näher am Indexgewicht bewegt“, ergänzt der Head of International Portfolio Specialists. Insgesamt überzeugt besonders der Finanzbereich durch seine hohe „Klimakompatibilität“. 85 Prozent der analysierten Finanztitel werden so eingestuft. Als chancenreich werden aktuell einige Titel aus den Bereichen Automobile und Versorger bewertet. Scott nennt drei Anlagebeispiele: 1. Das japanische Konglomerat Sumitomo Electric Industries, ein Produzent von Komponenten und Systemen für die Entwicklung und Infrastruktur von Elektrofahrzeugen; 2. Das französische Energieunternehmen ENGIE mit Fokus auf erneuerbare Energien, Erdgas, Energiedienstleistungen und Infrastruktur. Die Gesellschaft plane, Kohle in Europa bis 2025 und weltweit bis 2027 vollständig aus dem Energiemix zu entfernen; 3. Das chinesische Wasserkraftunternehmen China Yangtze Power Co., das den weltweit größten sauberen Energiekorridor betreibe und sich auf Wasserkraft, Pumpspeicherung, intelligente Energielösungen und Stromverteilung spezialisiert habe. „Zwar schließen wir grundsätzlich keine Sektoren aus, doch seit Beginn unserer Strategie haben wir nicht in klassische Öl- und Gasunternehmen investiert“, sagt der Head of International Portfolio Specialists und fügt hinzu: „Der Grund ist, dass wir bislang keine Unternehmen gefunden haben, die sowohl unseren Klima- und ESG-Anforderungen als auch unseren finanziellen Kriterien entsprechen.“

Der LO Funds – TargetNetZero Global Equity Syst. investiert hingegen in Wertpapiere des MSCI World Index mit dem Ziel, die CO₂-Emissionen des Portfolios schneller als die Benchmark zu reduzieren. Einerseits wird hierfür das Engagement in Emittenten erhöht, die zu einer Verringerung der globalen CO₂-Emissionen beitragen. Laut Fondsanbieter gehören dazu Gesellschaften, die bereits Netto-Null-CO₂-Emissionen bis 2050 anstreben, sowie Unternehmen, die sich solche Ziele noch nicht gesetzt haben, die aber schrittweise angeglichen werden können. Andererseits ziele die Strategie darauf ab, das Engagement in Unternehmen zu verringern, die diese Ziele nicht erreichen können. „Dieser zukunftsorientierte Dekarbonisierungsansatz behält eine Diversifizierung im Einklang mit der Benchmark bei, da er es ermöglicht, Vorreiter und Nachzügler der Klimawende in allen Wirtschaftssektoren zu finden, auch in den „schwer zu reduzierenden“, wird vonseiten des Fondsmanagements betont. Ex ante wird ein Tracking Error von 0,5 bis 1 Prozent angestrebt. Der CO₂-Fußabdruck allein vermittelt aber noch keinen vollständigen Eindruck von den Klimarisiken eines Portfolios, sagt Portfoliomanager Nicolas Mieszkalski und rät: „Wir empfehlen ein diversifiziertes Portfolio, das sektorunabhängig auf Unternehmen setzt, die sich auf einem guten Weg zur Dekarbonisierung befinden. Dies beschleunigt den Übergang zu Netto-Null und trägt zur Erzielung attraktiver Anlagerenditen bei.“ Hierzu gehören auch bei diesem Fonds maßgeblich die „Magnificent Seven“, die sich komplett in den Top-Ten-Holdings befinden, ergänzt um Broadcom und die Finanztitel JPMorgan Chase und Visa.

Klimawandelfonds

Wer ein Investment in die „Glorreichen Sieben“ meiden möchte, könnte bei einigen ETFs fündig werden, die mit verschiedenen Dekarbonisierungsansätzen erfolgreich unterwegs sind (siehe Fondsranking oben). Spitzenreiter ist der BNP Paribas Easy Low Carbon 300 World PAB UCITS ETF Acc, der den Low Carbon 300 World PAB Index nachbildet. Nach Angaben des Emittenten spiegelt der Index die Unternehmen aus dem Euronext Europe 500-Index, Euronext North America 500-Index und Euronext Asia Pacific 500-Index mit den relativ besten Klimawerte wider und dies nach Ausschluss von Unternehmen, die in ESG-Kontroversen verwickelt sind, und den schlechtesten Score in Bezug auf soziale und Governance-Kennzahlen haben. Die zuvor genannten Tech-Highflyer sucht man hier in den Top-Ten-Holdings vergebens. Allein die Tech-Titel Oracle, SAP, Cisco Systems und Salesforce stellen rund 15 Prozent des Fondsvolumens.

ERFOLGREICHE INDEXSTRATEGIEN

Andere Indexstrategien verfolgen die ebenfalls im oberen Drittel des Rankings platzierten ETFs von Deka und Amundi. Der Deka MSCI World Climate Change ESG UCITS ETF bildet den MSCI World Climate Change ESG Select nach. Laut Fondsanbieter besteht der Index aus großen und mittelgroßen Werten von Industriestaaten. Durch eine Kombination aus wertebasierenden Ausschlüssen sowie Chancen und Risiken in Bezug auf den Klimawandel soll die gewichtete CO₂-Intensität des Portfolios signifikant verringert werden. Der Amundi MSCI World Climate Paris Aligned Umweltzeichen UCITS ETF wiederum bildet zu 100 Prozent den MSCI World Climate Change Paris Aligned Low Carbon Select Index nach, auch hier losgelöst davon, ob die Kurse steigen oder fallen. Laut MSCI umfasst der Index große und mittelgroße Titel aus 23 entwickelten Märkten. Dabei werden die einzelnen Wertpapiere mit Blick auf sogenannte Klimaübergangsrisiken und -chancen neu gewichtet. In den Top-Ten-Holdings führt dies zu einer Übergewichtung gegenüber dem Index bei Nvidia, Apple, Amazon und Microsoft, während Broadcom, Tesla, Meta, Lilly und Alphabet aktuell untergewichtet sind.

KlimawandelfondsWelche Bedeutung die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre hat, veranschaulichte auch der Meteorologe Karsten Schwanke auf der Veranstaltung von Ökoworld, die ebenfalls seit Jahren mit ihrem Ökoworld Klima unterwegs sind. So gab es laut Schwanke in den vergangenen Jahrtausenden immer Schwankungen der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre. Perioden mit weniger CO₂ gingen mit Eiszeiten einher, mehr CO₂ führte zu Warmzeiten. Trotz des Aufs und Abs blieb die CO₂-Konzentration in diesem langen Zeitraum jedoch immer unter 300 Teilen pro Million (ppm, parts per million). Das änderte sich erst mit der industriellen Revolution und dem Anstieg der CO₂-Emissionen durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas. Dadurch verließ die globale CO₂-Konzentration diesen Korridor erstmals mit einem deutlichen Anstieg auf über 400 ppm (siehe Schaubild). Die Problematik: CO₂ hat eine sehr lange Verweildauer in der Atmosphäre und behindert dort die Wärmestrahlung, sodass sich die Temperatur der Erdoberfläche weiter erhöht.

„Unser Fonds ermöglicht Anlegern, in eine globale Kernaktienlösung zu investieren, die gleichzeitig dabei hilft, eigene Netto-Null-Ziele zu erreichen und in Unternehmen zu investieren, die sich ebenfalls diesem Ziel verpflichtet haben“, antwortet Scott auf die Frage, welcher Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise mit einem Einstieg in den Fonds geleistet werden kann. Je wichtiger dies Anlegern und Beratern ist, desto stärker sind sie gefordert, in die Anlage- und Nachhaltigkeitsstrategien der Klimawandelfonds einzutauchen. Stehen bei der Titelauswahl Produktlösungen und Dienstleistungen zur Verringerung von CO₂-Emissionen im Vordergrund? Oder geht es eher um eine branchenübergreifende Dekarbonisierung? Und wie soll sie dann gemessen und welche Ziele sollen erreicht werden? Das sind unterschiedliche Investmentstrategien, die beiderseits ihre Berechtigung haben, aber eben zu unterschiedlichen Anlageergebnissen führen können.