Bereits 2019 beleuchteten wir die „Abnehmspritzen“. Ab 2023 erlebten GLP-1-Medikamente wie Ozempic und Mounjaro einen Nachfrageboom, der die Hersteller an ihre Produktionsgrenzen brachte. Die Präparate ermöglichen Gewichtsverluste von 15 bis 22 Prozent und erfordern eine dauerhafte Einnahme. Schon früh zeigte sich das Potenzial: Bei weltweit über 650 Millionen Menschen mit Adipositas und prognostizierten Marktvolumina von bis zu 100 Milliarden US-Dollar bis 2030 wurde ein Megatrend sichtbar. Positive Studien bei Herz- und Nierenerkrankungen lösten Kursanstiege aus, während andere Branchen die disruptiven Effekte zu spüren bekamen. Gleichzeitig warnten wir vor möglichen Rückschlägen und Risiken bei Kapazitäten, Kostenübernahmen und Konkurrenz.
Duopol und Konkurrenz von außen
Zwei Anbieter dominieren – einer mit Semaglutid-basierten Präparaten, der andere mit einem GIP/GLP-1-Rezeptoragonisten. Letzterer konnte Marktanteile gewinnen, während der andere Anbieter nach Kursverlusten und gesenkten Prognosen einen neuen CEO vorstellte, um von den Problemen abzulenken: Die Nachfrage übertraf das Angebot bei Weitem. Beide Marktführer kündigten Milliardeninvestitionen in neue Werke an, dennoch kam es in den USA zur Aufnahme auf die „Drug Shortages List“ der FDA. Danach durften sogenannte Compounding Pharmacies günstigere Varianten legal herstellen. Die Regelung sicherte Patienten den Zugang, löste aber Debatten über Sicherheit aus. Während der originale Listenpreis von 1.350 US-Dollar (2023) auf einen Selbstzahlerpreis von 450 US-Dollar (2025) gesunken ist, liegt der Preis der Compounded-Version bei ca. 250 US-Dollar. In Kanada und Brasilien beschleunigte der Ablauf des Patentschutzes sowie der Eintritt von Generika die Preiserosion. Auch Wettbewerber aus China und weitere Pharmakonzerne drängen auf den Markt.
Neue Technologien und Preisdeckel
Die Weiterentwicklung führt von Injektionen hin zu einfacheren Therapieformen. Ein erstes orales Präparat ist verfügbar, „Small Molecules“ gelten als besonders vielversprechend dabei, Tabletten bioverfügbarer zu machen. Triple-Agonisten aktivieren in Studien mehr Rezeptoren und erreichen Gewichtsverluste von über 24 Prozent. Darüber hinaus verschiebt sich der Fokus zur „Quality of Weight Loss“: Künftig sollen Therapien den Muskel-erhalt fördern. Orale Präparate könnten die Nachfrage über die Medizin hinaus auf kosmetische Bereiche ausweiten. Parallel wird das Potenzial für weitere Indikationen deutlich – von Herz-Kreislauf über Nieren bis Alzheimer. Während die Zielgruppen wachsen, könnte der Markt kleiner ausfallen als in den Prognosen, da Tabletten zu niedrigeren Preisen angeboten werden. Ein führender Anbieter ist diesbezüglich breit aufgestellt: orales Small Molecule für eher kosmetische Anwendung, Injektionen für starke Adipositas, Triple-Agonist für extreme Fälle.
US-Politik als Risiko
Die US-Regierung fährt mit Gesundheitsminister Robert F. Kennedy jedoch einen industrie-kritischen Kurs. Die verkleinerte FDA könnte Zulassungen verzögern, die protektionistische Handelspolitik zwingt zu Investitionen im eigenen Land. Das „Most Favored Nation“-Dekret koppelt die US-Preise an internationale Vergleichswerte und stellt das bisherige Geschäftsmodell infrage. GLP-1-Präparate haben die Adipositas-Therapie zweifelsfrei revolutioniert. Doch ihre Regulierung, die Engpässe und der wachsende Wettbewerb werden darüber entscheiden, ob der Markt sein Potenzial ausschöpfen kann.