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Droht eine KI-Blase?

November 2025
Der Boom bei den Aktien aus dem KI-Sektor ist zwar noch intakt, doch die massiven Investments müssen sich auch rentieren, konstatiert Florian König, Kathrein Privatbank.
Kathrein Privatbank
Florian König, Kathrein Privatbank

Die Berichtssaison in den USA läuft weiter. Die Aufmerksamkeit gilt den großen Tech-Unternehmen, die größtenteils ihr Zahlenwerk bereits veröffentlicht haben. Die Wachstumsraten der Magnificent‑Seven (der nach Marktkapitalisierung größten US‑Tech-Unternehmen) waren erneut beachtlich, konstatiert Florian König, Portfoliomanager bei der Kathrein Privatbank, in seinem aktuellen Marktkommentar.

Das Gros dieser Unternehmen konnte mit einer positiven Entwicklung im abgelaufenen Quartal überzeugen und zugleich mit positiven Aussichten die Märkte erfreuen. Gleichzeitig blicken die Tech‑Giganten auf einen ihrer besten Läufe seit zehn Jahren zurück: Im Oktober 2025 verzeichneten sie den siebten monatlichen Kursanstieg in Folge. Trotz dieser Entwicklung können Kurse wieder sinken, insbesondere in volatilen Marktphasen. Überhaupt hält Skepsis Einzug, und die Investoren fragen sich, ob die Investitionen in Milliardenhöhe jemals nachhaltige Erfolge erzielen werden.

Der Boom bei der Künstlichen Intelligenz (KI) ist zwar noch intakt, doch die massiven Investments müssen sich auch rentieren. Bei Meta Platforms wurden die Investitionen der vergangenen Jahre einem Realitätscheck unterzogen; bei Microsoft blieb die Cloud‑Computing‑Sparte hinter den hohen Erwartungen zurück. Nvidia (der Chipdesigner berichtet erst am 19.11.) hingegen erreichte kurzzeitig eine Marktkapitalisierung von mehr als 5 Billionen US‑Dollar – ein weltweites Novum. Zum Vergleich: Das entspricht in etwa der Marktkapitalisierung der 20 größten Gesundheitsunternehmen in den entwickelten Aktienmärkten.

NVIDIA BREITET SICH AUS

Der Investitionshunger scheint nach wie vor ungestillt zu sein. Das bietet einerseits Chancen, birgt aber auch Risiken. Durch Trickle‑Down‑Effekte profitieren zunehmend auch Unternehmen und Branchen, die man weniger mit dem KI‑Hype assoziieren würde. Selbst der ehemalige Mobiltelefonie‑Gigant Nokia Oyj verzeichnete nach einer strategischen Beteiligung durch Nvidia einen beachtlichen Kursanstieg (Bloomberg, 31.10.2025). Die Aufgabe für den finnischen Phoenix lautet, den Ausbau der Internet‑Infrastruktur in Europa zu forcieren. Auch der Aktienkurs des US‑amerikanischen Baumaschinenproduzenten Caterpillar Inc. stieg infolge der starken Nachfrage nach Stromerzeugungsanlagen sprunghaft – die stärkste Ein‑Tages‑Bewegung in den vergangenen 16 Jahren (Quelle: Bloomberg Finance, 31.10.2025).

Das inhärente Risiko für die Magnificent‑Seven und den Gesamtmarkt besteht darin, dass Kapital – wie im Beispiel der Kooperation zwischen Nokia und Nvidia – in weniger effiziente Unternehmen allokiert wird und in der Folge nicht die Wachstumsraten erzielt, die zuvor im eigenen Unternehmen möglich waren. Darüber hinaus werden Kursbewegungen in anderen Sektoren zunehmend von der KI‑Story getrieben und entkoppeln sich von der realen Ökonomie. Der Gipfel dürfte erreicht sein, als sogar Korean‑Fried‑Chicken‑Ketten zulegten (ohne dass weitere unternehmensrelevante Nachrichten bekannt wurden), nachdem sich Nvidia‑CEO Jensen Huang bei seiner Südkorea‑Reise zusammen mit Chang Jaehoon (Vizevorsitzender bei Hyundai Motor) und Jay Y. Lee (CEO von Samsung Electronics) in einem solchen Restaurant ablichten ließ.

Selbst defensivere Sektoren wie Versorgungsunternehmen konnten von den aktuellen Entwicklungen profitieren. Neben dem hohen Investitionsbedarf steigt auch der Energiebedarf kontinuierlich an, da neu errichtete Rechenzentren mit Strom versorgt werden müssen. Jüngsten Hochrechnungen zufolge sind Investitionen in Billionenhöhe erforderlich, um den Energiehunger zu stillen. Alphabet, der Mutterkonzern von Google, will beispielsweise ein stillgelegtes Atomkraftwerk wieder in Betrieb nehmen, um insbesondere seine eigenen Rechenzentren mit Strom zu versorgen.

Bis 2035 wird ein Anstieg des weltweiten Energiebedarfs um mehr als ein Drittel prognostiziert (Quelle: Bloomberg Finance L.P., 31.10.2025). Diese Lücke gilt es in einem recht ambitionierten Zeitraum zu schließen. Während einige den Weg kapitalintensiver Rechenzentren gehen, setzen andere Akteure – unter anderem China – verstärkt auf Effizienzsteigerungen. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Dem Problem mit reiner Investitionsgewalt zu begegnen, um dadurch Wachstum zu erzwingen, ist kritisch zu sehen. Eines steht jedoch fest: KI ist gekommen, um zu bleiben. Ob dies für jedes neu errichtete Rechenzentrum gilt, ist zu hinterfragen. Betrachtet man die Asset‑Intensität (eine Kennzahl, die angibt, wie viele Vermögenswerte ein Unternehmen zur Erzielung von Umsatz benötigt), so nähert sich die Asset‑Intensität der Magnificent‑Seven mittlerweile der von Versorgungsunternehmen an. Damit verlieren die Tech‑Giganten den Vorteil, Asset‑Light‑Geschäftsmodelle zu verfolgen und ohne große Kapitalmengen zu binden überdurchschnittliche Renditen ausschließlich auf Basis von Humankapital, geistigem Eigentum und Netzwerkeffekten zu erzielen.

INVESTMENTSTRATEGIE

Wir halten vorsichtigen Optimismus weiterhin für angemessen. Die höhere Gewichtung von Aktien zulasten von Anleihen wurde durch die jüngste Marktbewegung bestätigt. Die Annäherung zwischen China und den USA im bestehenden Handelskonflikt werten wir ebenfalls positiv, wenngleich die weitere Entwicklung mit Unsicherheiten behaftet bleibt. Innerhalb des Aktienportfolios haben wir defensive Value‑Aktien etwas reduziert und zugunsten globaler Aktien umgeschichtet; im Vergleich zu den globalen Weltaktienmärkten sind wir gegenüber den Magnificent‑Seven unverändert etwas vorsichtiger positioniert. Den vergangenen Entwicklungen zollen wir großen Respekt; vorausschauend erachten wir Unternehmen außerhalb dieses Mikro‑Kosmos tendenziell als aussichtsreicher und in einer etwas weniger risikobehafteten Ausgangslage.

Den US‑Dollar sichern wir weiterhin strategisch mit einer Quote von 50 Prozent im Aktienportfolio ab. Ausgehend von diesem Niveau nehmen wir taktische Anpassungen vor, um besser auf die Marktgegebenheiten reagieren zu können.