Die dritte Auflage des „Global Pension Report“ der Allianz stellt den internationalen Pensionssystemen ein schlechtes Zeugnis aus: Mit einer Gesamtnote von 3,7 (1= kein Reformbedarf, 7=akuter Reformbedarf) besteht anhaltenden Reformbedarf auf globaler Ebene. Zwar gab es gegenüber dem letzten Report im Jahr 2023 (Gesamtnote: 3,6) Veränderungen – aber nicht immer in die richtige Richtung. Eine kleine Gruppe an Ländern wie Dänemark, die Niederlande und Schweden steht heuer mit einer Gesamtnote deutlich unter 3 relativ gut da, da sie die Weichen rechtzeitig auf Nachhaltigkeit durch Kapitaldeckung gestellt haben. Auch Japan findet sich in dieser Gruppe wieder. Das Land setzt auf längeres Arbeiten: bereits ein Drittel der 65-70-Jährigen ist erwerbstätig. Im Gegensatz dazu sind in vielen Ländern, wie beispielsweise Malaysia, Kolumbien und Nigeria nur wenige Menschen vom Pensionssystem erfasst, da der Anteil an informell Beschäftigen hoch ist und sich in der Bewertung mit einer Gesamtnote unter 4 niederschlägt.
HOHER REFORMBEDARF IN ÖSTERREICH
Österreich erzielt eine Gesamtnote von 3,6 und gehört mit vielen anderen europäischen Ländern wie etwa auch Frankreich und Deutschland zur Gruppe der Länder, deren Pensionssysteme bisher nur zaghafte Schritte in Richtung Kapitaldeckung unternommen haben, und in denen das Umlageverfahren dominiert.
Das Pensionssystem in Österreich bietet den heutigen Pensionisten ein im weltweiten Vergleich höheres Einkommensniveau. Gleichzeitig sind jedoch auch die Beitragszahlungen entsprechend groß. Aufgrund der rapiden Alterung der Gesellschaft ist dies wenig nachhaltig, denn der Altersquotient wird in den nächsten 25 Jahren von 32 auf 54 Prozent steigen. Ein möglicher Schritt, um dieser Entwicklung zu begegnen, wären mehr und längere Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer. Jenseits der 65 sind in Österreich nur sieben Prozent der männlichen Arbeitnehmer in Beschäftigung. Zum Vergleich: In Japan, dem globalen Laboratorium für alternde Gesellschaften, sind es 35 Prozent. Ein weiterer wichtiger Schritt, um dem steigenden Reformdruck auf das Pensionssystem zu begegnen, ist die Stärkung der Kapitaldeckung, nicht zuletzt durch private Ersparnisse und ergänzende Vorsorgemodelle, etwa in Form der betrieblichen Altersvorsorge.
„Viele Menschen wissen, dass sie mit der staatlichen Pension allein ihren gewohnten Lebensstandard im Alter nicht halten werden können. Private Vorsorge ist daher wichtiger denn je – sei es durch eine klassische oder fondsgebundene Lebensversicherung. Zusätzlich interessieren sich etwa drei Viertel der Arbeitnehmer in Österreich für das Modell der betrieblichen Altersvorsorge, wohingegen diese nur von 42 Prozent der Arbeitgeber angeboten wird“, erklärt Andreas Csurda, Vorstand Allianz Pensionskasse. „Angesichts des steigenden Altersquotienten ist es dringend notwendig, die zweite und dritte Säule des Pensionssystems in Österreich zu stärken“, so Csurda weiter.
STEIGENDE LEBENSERWARTUNG
Der demographische Wandel ist seit Jahren Realität: Die Lebenserwartung steigt, während die Geburtenraten weiter sinken. Eine Entwicklung hat die Auswirkungen auf Arbeitsmärkte und Sozialsysteme bisher abgefedert: Migration. In den vergangenen fünf Jahren wurden beispielsweise in Deutschland knapp 90 Prozent der 1,6 Millionen neuen sozialversicherungspflichtigen Jobs durch Zuwanderer besetzt. Dies könnte künftig schwieriger werden, wenn Europa an Attraktivität als Zuwanderungsland verliert. Entscheidend wird daher sein, die vorhandenen Potenziale noch besser zu nutzen. Dies betrifft Frauen in Teilzeit, die von Kinderbetreuung und Pflege entlastet werden müssen, und ältere Arbeitnehmer, die sich noch zu häufig mit Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz konfrontiert sehen.
PENSIONSLÜCKE KANN GESCHLOSSEN WERDEN
Nach Berechnungen der Allianz beläuft sich die Pensionslücke allein in der Eurozone für die jüngeren Generationen auf durchschnittlich etwa 350 Milliarden Euro pro Jahr. Das klingt viel – ist aber machbar, wenn die Sparquote um ein Viertel stiege. „Es steht außer Frage, dass die Generation X mehr vorsorgen muss, um ihren Lebensstandard im Alter abzusichern“, sagt Andreas Csurda. „Es ist entscheidend, die staatliche Pensionsvorsorge in Österreich zu ergänzen, um langfristige finanzielle Sicherheit im Ruhestand sicherzustellen und um auf zukünftige demografische und weitere Herausforderungen wie den Klimawandel vorbereitet zu sein.“
Die dritte Ausgabe des „Global Pension Report“ der Allianz analysiert mit Hilfe des eigenen „Allianz Pension Indexes“ (API) 71 Pensionssysteme weltweit. Der Indikator besteht aus drei Säulen: Analyse der demographischen und fiskalischen Ausgangslage sowie Bestimmung der Nachhaltigkeit (z.B. Finanzierung und Beitragszeiten) und Angemessenheit (z.B. Verbreitungsgrad und Pensionshöhe) des Pensionssystems. Insgesamt werden 40 Parameter berücksichtigt, mit Werten zwischen 1 (kein Reformbedarf) und 7 (akuter Reformbedarf). In der gewichteten Summe aller Parameter kristallisiert sich der Reformdruck des jeweiligen Systems.