Tragen Sie auf dem E-Bike einen Helm? 67 Prozent der Österreicher tun das laut Erhebungen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Diesen Trend macht sich auch der Oberste Gerichtshof in einem kürzlichen Urteil zu eigen. So gibt es auch bei E-Bikes, die maximal 25 Stundenkilometer schnell fahren können, zunehmend mehr Unfälle, weil die „baulichen Abweichungen gegenüber konventionellen Fahrrädern ein besonderes Gefahrenmoment darstellen“. Entsprechend habe sich das Bewusstsein in der Bevölkerung verankert, dass es wichtig ist, beim E-Bike-Fahren einen Helm zu tragen. Deshalb bewerteten die Richter das Nichttragen eines Fahrradhelms als „Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten“ – und kürzten wegen des „Helmmitverschuldens“ die Schmerzensgeldansprüche des klagenden E-Bike-Fahrers, der sich bei einer Kollision mit einem Pkw schwer verletzt hatte.
Laut KFV sind die Verletzungen nach Unfällen mit E-Bikes und E-Scootern oft schwerwiegender als bei Unfällen mit Fahrrädern. Als Gründe nennen die Experten das höhere Tempo, eine andere Beschleunigung, mehr Gewicht bei E-Bikes bzw. kleinere Reifen bei E-Scootern. Konkret mussten im vergangenen Jahr 7.500 Personen nach E-Scooter- und fast 10.000 Personen nach E-Bike-Unfällen in Österreichs Spitälern behandelt werden. Sieben Menschen starben. Das KFV fordert daher eine Helmpflicht. Denn das Risiko für Schädel-Hirn-Verletzungen sei beim E-Bike-Fahren ohne Helm 6,4-mal höher als mit Helm. Würden alle E-Bike- bzw. E-Scooter-Fahrer konsequent einen Helm tragen, könnten laut KFV pro Jahr fast 1.000 Schädel-Hirn-Verletzungen verhindert werden.
Mehr als jeder Zweite ist für EINE Helmpflicht
Aber ist eine Helmpflicht wirklich das richtige Mittel? Die KFV-Experten verweisen erstens auf die positiven Erfahrungen mit der Einführung der Gurtpflicht im Juli 1976 und der Helmpflicht für Motorradfahrer Anfang 1979. So sei die Zahl der Verkehrstoten seither um 88 Prozent auf 351 Todesfälle pro Jahr zurückgegangen – und dies, obwohl sich die Zahl der Pkw-Zulassungen gleichzeitig vervierfacht habe. Zweitens stimmen 52 Prozent der E-Scooter-Fahrer und 65 Prozent der E-Bike-Fahrer einer Helmpflicht zu. Anders ausgedrückt: Mehr als jeder Zweite steigt bereits nicht mehr ohne Helm aufs Zweirad.
Mit der Einführung einer Helmpflicht würde die Radnutzung um mehr als 30 Prozent zurückgehen, bei Jugendlichen sogar um bis zu 80 Prozent, sorgt sich die ARGE Fahrrad unter Verweis auf internationale Erfahrungen. Die Stimme der heimischen Fahrradindustrie spricht sich vor allem für einen Ausbau der Infrastruktur aus – angefangen bei einer Verbesserung von Radwegen bis hin zur Erhöhung der Sicherheit an Kreuzungen. So haben sich die erwähnten Todesfälle nicht auf Radverkehrsanlagen ereignet, sondern auf herkömmlichen Fahrbahnen.
Tatsächlich scheint die Aufklärung über den Gesundheitsschutz durch das Tragen von Helmen zielführender zu sein als das Schwingen der „Pflichtenkeule“. Die trifft bisher nur Kinder unter zwölf Jahren bzw. deren Eltern. Zudem zeigt das OGH-Urteil, dass Helmmuffel neben der größeren Verletzungsgefahr bei Unfällen auch höhere finanzielle Einbußen in Kauf nehmen, da sie per se ein Mitverschulden trifft. All dies sind Argumente, die überzeugen – und bei einem Unfall auch möglichen Klärungsbedarf mit dem Unfallversicherer ersparen.