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Sinkt der US-Dollar weiter?

März 2025
Jan Viebig, ODDO BHF SE, erläutert das mögliche Vorhaben der US-Regierung, den US-Dollar abzuwerten.
ODDO BHF SE
Jan Viebig, ODDO BHF SE

Die Wirtschaftspolitik von US-Präsident Donald Trump birgt erhebliche Risiken für die Finanzmärkte und die Währungsbeziehungen, konstatiert Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE. Für Trump steht die Eindämmung des hohen Außenhandelsdefizits der USA zweifellos ganz weit oben auf seiner Agenda, mit möglicherweise schwerwiegenden Auswirkungen auf das Wechselkursgefüge. Die politischen Aktivitäten konzentrierten sich bisher vor allem auf Einfuhrzölle.

Neben der Zollpolitik verfolgt die US-Administration aber möglicherweise noch einen zweiten Handlungsstrang zur Eindämmung der Handelsbilanzdefizite. Bei diesem geht es darum, eine Abwertung des US-Dollars zu arrangieren. Die Überlegungen, die unter dem Schlagwort „Mar a Lago-Akkord“ diskutiert werden, gehen im Wesentlichen auf Stephen Miran und Zoltan Poszar zurück.

Miran argumentiert, dass der US-Dollar im Hinblick auf einen möglichen Ausgleich der Handelsbilanz systematisch überbewertet sei, weil der US-Dollar in großem Umfang als Reservewährung und internationales Zahlungsmittel genutzt wird. Die unelastische (=nicht auf Preis- oder Mengensignale reagierende) Nachfrage nach Währungsreserven verhindere, dass der Wechselkurs einen Ausgleich der Handelsbilanz herbeiführt.

Um eine Abwertung des US-Dollars herbeizuführen, schlägt Miran einen „Mar a Lago-Akkord“ vor. Die Bezeichnung spielt auf währungspolitische Beschlüsse der wichtigsten Industrieländer in den 80er Jahren an. Die Bezeichnung spielt auf währungspolitische Beschlüsse der wichtigsten Industrieländer in den 80er Jahren an: Der Plaza-Akkord von September 1985 war ein im Plaza Hotel in New York erarbeitetes Übereinkommen, dass eine „geordnete Aufwertung der Nicht-Dollar-Währungen wünschenswert sei“ und „in enger Abstimmung der Währungsbehörden ermutigt werden soll“. Rund zwei Jahre später vereinbarte man im Rahmen des Louvre-Akkords, einer weiteren Abwertung des Dollars durch eine expansivere Wirtschaftspolitik der Nicht-Dollar-Länder entgegenzuwirken.

Während der damalige US-Finanzminister James Baker eine kooperative Lösung für die Überbewertung des Dollars suchte, folgt Miran mit seinen Vorschlägen der „Bully-Boy“-Taktik von Donald Trump: Drohen und Einschüchtern. Er will nicht nur eine Abwertung des Dollars in die Wege leiten, sondern gleichzeitig (oder vor allem auch) einen für die USA attraktiven „Deal“ machen: Die ausländischen Währungsbehörden, die den Dollar als Reservewährung nutzen, sollen nämlich zu einem Umtausch ihrer Dollar-Forderungen (meist US-Staatsschuldtitel) in nicht-handelbare hundertjährige Anleihen („Century Bonds“) ohne laufende Zinszahlungen bewegt werden. Sollte eine Notenbank tatsächlich Liquidität benötigen, könnten diese Anleihen dann als Sicherheit für kurzfristige Unterstützungskredite verwendet werden. Als Druckmittel sollen einmal mehr Einfuhrzölle und der Entzug militärischer Sicherheitsgarantien dienen.

Von einem Gesamtumlauf von US-Staatsschuldtiteln in Höhe von 28,5 Billionen US-Dollar Ende Januar 2025 entfallen den Daten des US-Finanzministeriums zufolge 8,5 Billionen US-Dollar (30 Prozent) auf Ausländer. Davon liegen Anleihen im Umfang von rund 3,8 Billionen US-Dollar oder 13 Prozent des Umlaufs bei ausländische Währungsbehörden. Zu den wichtigsten „offiziellen“ Gläubigern zählen China, Japan und die europäischen Staaten. Es geht also nicht um Kleingeld.

In der Sache wäre ein solcher Umtausch in hundertjährige Anleihen vermutlich kaum etwas anderes als eine Enteignung oder ein Komplettausfall. Denn bei einem Zinssatz von beispielsweise 4 Prozent liegt der aktuelle Marktwert von 1.000 Dollar in 100 Jahren bei nicht einmal 20 Dollar. Hinzu kommt, dass die umgewandelten Währungsreserven für die Gläubiger aufgrund der fehlenden Handelbarkeit währungspolitisch nutzlos wären. Die Möglichkeit der Beleihung würde dieses Problem ein wenig entspannen, aber von den Launen der US-Behörden abhängig machen und damit weitere Abhängigkeiten schaffen. Und schließlich würden bei dieser Lösung auf Seiten der Gläubiger keine laufenden Zinserträge erwirtschaftet. Die Vorteile eines solchen Mar a Lago-Akkords wären also aller Voraussicht nach sehr einseitig verteilt. Es gibt für die ausländischen Gläubiger keinen vernünftigen Grund, sich auf eine derartige Vereinbarung einzulassen.

Ökonomisch gesehen passen die aggressive Zollpolitik einerseits und eine Abwertungsstrategie im Sinne Mirans andererseits nicht zusammen. Erfahrungen und Theorie deuten darauf hin, dass Einfuhrzölle eine Aufwertung der Landeswährung – also des Dollars – begünstigen. Die Mar a Lago-Strategie will dagegen eine Abwertung herbeiführen. Aus Sicht des Devisenmarktes kann das nur zu Verunsicherung und Volatilität führen. Hinzu kommt, dass die Fixierung auf die Währungsreserven als Grund für die Überbewertung zu eng gefasst ist. Natürlich ist der US-Dollar nach fundamentalen Kriterien wie Kaufkraftparität oder Handelsbilanzsaldo deutlich überbewertet. Der Grund liegt aber nicht in erster Linie in der Anhäufung von Währungsreserven.

Ein wesentlicher Grund der Dollarstärke der vergangenen Jahre dürfte vielmehr der massive Zufluss von privatem Kapital sein. Das höhere Zinsniveau und das stärkere Wachstum von US-Unternehmen haben das internationale Anlagekapital in den Dollar geführt, nicht so sehr die Zunahme der Währungsreserven von Ländern mit Handelsbilanzüberschüssen.

Das Konzept von Miran mit einem Zwangsumtausch von Währungsreserven ist nach unserer Überzeugung Sprengstoff für das Weltfinanzsystem und die Stellung des Dollars als internationale Währung. Zu befürchten ist, dass damit eine Flucht aus dem Treasury-Markt und aus dem US-Dollar in Gang gesetzt werden könnte. Allein die Diskussion über derartige Maßnahmen schafft Unsicherheit und trägt zu mehr Volatilität bei. Eine internationale Reserve- und Anlagewährung wie der US-Dollar lebt vom Vertrauen der Anleger in die Wertbeständigkeit der Anlagen. Das setzt auch Kreditwürdigkeit und Rechtssicherheit voraus. Geht dieses Vertrauen verloren, beschädigt das die Währung, und deutlich höhere Anleiherenditen und Risikoprämien für US-Anleihen und Aktien drohen. In dieser Form ist der Mar a Lago-Akkord Gift für die Finanzmärkte. Auf so ein gefährliches Spiel sollte sich Donald Trump in unser aller Interesse nicht einlassen.