Die aktuellen 13F-Daten zeigen ein deutliches Muster: Trotz regulatorischen Drucks, steigender Kosten und schwacher Kursentwicklung greifen führende US-Investoren bei Healthcare- und Krankenversicherungsaktien zu. 13F-Daten sind Informationen aus den vierteljährlichen Berichten, die große institutionelle Anleger in den USA bei der Börsenaufsichtsbehörde SEC einreichen müssen, wenn sie mehr als 100 Millionen US-Dollar verwalten.
„Die Branche ist so günstig bewertet wie seit 30 Jahren nicht mehr und könnte damit vor einem Comeback stehen“, sagt Maik Komoss, Portfoliomanager des Fonds Vates Aktien USA. Die 13F-Daten zeigen selten ein so klares Muster. Zahlreiche der beobachteten ausgezeichneten Investoren haben im vergangenen Quartal ihre Positionen im Gesundheitssektor deutlich ausgebaut. „Besonders auffällig sind Käufe im Bereich Healthcare- und Krankenversicherungsaktien, trotz oder gerade wegen der schwachen Kursentwicklung der vergangenen Monate“, sagt Komoss.
Während der breite S&P-500-Index in den vergangenen zwölf Monaten um rund 15 Prozent zulegen konnte, verlor der S&P-Healthcare-Sektor-Index 9,5 Prozent. Damit zählt die Branche zu den schwächsten Segmenten am US-Markt. Mehrere Faktoren haben zu dieser Entwicklung beigetragen. „An erster Stelle ist sicherlich die Zollpolitik zu nennen“, so Komoss. „Höhere Importkosten für pharmazeutische Grundstoffe, verursacht durch verschärfte Handelsbestimmungen, belasten Margen und verlängern Lieferketten.“
Dazu kommt der regulatorische Preisdruck. Das „Most-Favoured-Nation“-Preismodell koppelt US-Arzneimittelpreise an internationale Tiefstpreise, was die Profitabilität einschränkt. „Bei den Krankenversicherern belasten steigende Medikamenten- und Behandlungskosten und treiben die Ausgabenquote nach oben, während mögliche Kürzungen der Obamacare-Subventionen die Wachstumsbasis schwächen“, sagt Komoss.
Die massive Underperformance, die aus diesen Gründen folgt, hat zu einer historisch günstigen Bewertung geführt. „Der Healthcare-Sektor notiert aktuell zum 16,6-fachen der erwarteten Gewinne – ein Abschlag von rund 30 Prozent gegenüber dem Gesamtmarkt und der größte Bewertungsunterschied seit drei Jahrzehnten“, sagt Komoss. „Für erfahrene Value-Investoren eröffnet sich damit ein attraktives Chancen-Risiko-Profil.“
CHANCEN GÜNSTIG NUTZEN
Mehrere der von Vates beobachteten erfolgreichsten US-Investoren nutzten die Situation und griffen bei ausgewählten Titeln zu. Das betraf unter anderem Titel, die auch im Vates Aktien USA enthalten sind:
Teva Pharmaceuticals: Die israelische Teva ist ein traditionsreicher Generika- und Biosimilar-Hersteller, der nach schwierigen Jahren mit Preisdruck und hoher Verschuldung zunehmend wieder Boden gutmacht. Unter CEO Richard Francis wurden Schulden massiv abgebaut (von 34 Milliarden US-Dollar 2017 auf 15,1 Milliarden Mitte 2025), während neue Produkte wie Austedo und Uzedy Rekordumsätze erzielen. Die Umsatzprognose für 2025 wurde bestätigt, die Gewinnprognose leicht angehoben (KGV: 7). „Top-Investor Stanley Druckenmiller setzte hier ein deutliches Signal: Teva ist mit 6,5 Prozent die zweitgrößte Position seines Portfolios“, so Komoss.
UnitedHealth Group: Als größter US-Krankenversicherer bietet UnitedHealth ein breites Leistungsspektrum von Versicherungen über Netzwerkmanagement bis hin zu Telemedizin. Nach Kursverlusten durch Gewinnrückgang, CEO-Rücktritt und laufende Ermittlungen des Justizministeriums reagierten Anleger mit Verkäufen – doch Value-Spezialisten sahen ihre Chance. „Marshfield Associates etwa nahmen UnitedHealth neu ins Portfolio auf und gewichteten die Aktie sofort mit 6,5 Prozent“, so Komoss. Angesichts ihrer disziplinierten Value-Strategie unterstreicht dieser Schritt die Überzeugung, dass die Aktie auf dem aktuellen Niveau unterbewertet ist.
Boston Scientific: Der Medizintechnikkonzern profitiert von einem starken operativen Momentum. Im zweiten Quartal stiegen die Umsätze um 22 Prozent auf 5,06 Milliarden US-Dollar, der Nettogewinn kletterte um 145 Prozent. Prognosen für 2025 wurden entsprechend nach oben angepasst: Das Unternehmen erwartet nun einen Gewinn je Aktie von 2,95 bis 2,99 US-Dollar und will beim Umsatz bis zu 19 Prozent zulegen. „Anleger setzen auf die Innovationskraft der minimalinvasiven Technologien, die in Kardiologie, Endoskopie und Urologie weltweit gefragt sind“, sagt Komoss.
TransMedics: Das US-Unternehmen revolutioniert die Transplantationsmedizin mit seinen Organ-Care-Systemen, die Spenderorgane während des Transports in nahezu perfekten Zustand halten. Der Umsatz kletterte zuletzt um 37 Prozent, die Nettogewinnmarge verbesserte sich von 10,6 auf 22,2 Prozent. Mit einer eigenen Flugzeugflotte sichert TransMedics zudem die Logistikkette. „Hier zählen für die beobachteten Asset-Manager die Innovationskraft und das starke Gewinnwachstum: Das Ergebnis pro Aktie übertraf die Erwartungen um 47 Cent“, so Komoss.
Für Value-Anleger ist all dies in der Branche ein optimales Szenario: defensive Geschäftsmodelle, günstige Einstiegskurse und die Rückendeckung prominenter Investoren. „Die jüngsten Käufe namhafter Investoren deuten darauf hin, dass die Talsohle im Healthcare-Sektor durchschritten sein könnte“, so Komoss. „Dazu kommt, dass Healthcare-Werte historisch betrachtet in Phasen mit schwachem Wachstum und hoher Inflation überdurchschnittlich gut abgeschnitten haben.“ Und das ist genau das Szenario, das derzeit dominiert.
Nach der jüngsten Schwäche sehen die US-Top-Investoren das Erholungspotenzial. „Viele Belastungsfaktoren sind eingepreist, die Bewertungen liegen deutlich unter dem Gesamtmarkt“, so Komoss. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage durch demografischen Wandel und medizinischen Fortschritt hoch. „Too cheap to ignore ist das Credo, das aus den aktuell veröffentlichten 13F-Zahlen herauszulesen ist“, sagt Komoss.