Viele Anleger reiben sich bereits die Hände, denn die Börse startet in die traditionell starke Jahresendphase, konstatiert Maximilian Wienke, Marktanalyst bei eToro. Eine Jahresendrally ist allerdings kein Selbstläufer, eine Garantie dafür gibt es nicht. Der Dax liegt seit Jahresbeginn bereits 21,7 Prozent im Plus, was bei den Bären die Alarmglocken schrillen lassen dürfte. Möglicherweise hat der Markt einen Teil der üblichen Gewinne im vierten Quartal bereits vorweggenommen.
Das vierte Quartal gilt traditionell als das stärkste Jahresviertel für den Dax. Besonders der November sticht hervor, im historischen Durchschnitt legte der Index um 1,65 Prozent zu. Die Daten reichen bis 1959 zurück und zeigen, dass auch der Oktober mit durchschnittlich 0,78 Prozent und der Dezember mit 1,31 Prozent häufig positiv verlaufen. In diesem Jahr läuft es bisher sogar besser als üblich. Der Dax ist im Oktober bereits rund 1,5 Prozent gestiegen, also fast doppelt so stark wie der langfristige Durchschnitt. Dennoch sollten saisonale Trends nur als Orientierung gelten, denn die Märkte können jederzeit deutlich davon abweichen, nach oben wie nach unten.
STRESSTEST US-BERICHTSSAISON
Am Dienstag eröffnen die großen US-Banken die Berichtssaison für das dritte Quartal. Die Wall Street gilt als Taktgeber für die globalen Märkte. Ihre Ergebnisse könnten also maßgeblich bestimmen, wie es mit der Dax-Rally weitergeht. Viele deutsche Unternehmen sind zudem stark vom US-Geschäft abhängig. Läuft die amerikanische Wirtschaft rund, profitiert auch die deutsche Exportindustrie. Besonders spannend dürfte es bei den Tech- und KI-Schwergewichten werden. Zahlen von Nvidia, Apple & Co. könnten die Märkte kräftig in Bewegung bringen. Anleger bleiben zwar optimistisch, doch die Bewertungen sind hoch und die Kapitalzuflüsse in KI-Titel enorm. Die Stimmung ist gut, aber die Luft wird dünner – schon kleine Enttäuschungen könnten spürbare Kursreaktionen auslösen.
Laut dem Retail Investor Beat von eToro für das dritte Quartal erwartet mehr als die Hälfte der befragten deutschen Anleger, dass die „Magnificent 7“ den Gesamtmarkt in diesem Jahr übertreffen werden. Allerdings rechnen 39 Prozent nur mit einer leichten Outperformance, während 12 Prozent den Aktien eine deutlich stärkere Entwicklung zutrauen. Dennoch bleibt die Begeisterung für die großen Technologie-Schwergewichte ungebrochen. Die Renditeerwartungen der Anleger fallen insgesamt moderat aus. 29 Prozent rechnen 2025 mit sechs bis neun Prozent Zuwachs in ihrem Portfolio. Die Stimmung ist optimistisch, aber nicht euphorisch. Nur wenige zeigen sich übermäßig zuversichtlich. Lediglich 3 Prozent erwarten Renditen von 20-30 Prozent. Also das, was der Dax aktuell bereits liefert.
AUSBRUCH NICHT GELUNGEN
Der Dax erreichte in der vergangenen Woche ein neues Rekordhoch und kletterte am Donnerstag zeitweise auf 24.769 Punkte. Zum Wochenschluss kam es jedoch zu Gewinnmitnahmen, sodass der Aufwärtstrend nicht mit einem höheren Wochenschlusskurs bestätigt wurde. Der Index ist damit wieder in den Konsolidierungsbereich zurückgerutscht, der das Chartbild bereits seit Monaten prägt. Das vor vier Wochen verteidigte Fair Value Gap zwischen 23.152 und 23.337 Punkten bleibt die wichtigste Unterstützung. Solange diese Zone hält, ist der Trend intakt. Saisonale Faktoren und die technische Stärke sprechen für weiteres Kurspotenzial. Eine Annäherung an 25.000 Punkte erscheint in den nächsten Wochen möglich.
Der Dax präsentiert sich weiterhin technisch stark und dürfte dem Weg des geringsten Widerstands folgen. In den kommenden Wochen wird sich jedoch zeigen, ob die Berichtssaison in den USA und Europa genügend Rückenwind liefert, um die 25.000-Punkte-Marke zu überwinden. Trotz des Fehlausbruchs besteht zunächst weiterer Spielraum auf der Unterseite, falls Anleger kurzfristig weitere Gewinne realisieren sollten.