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Corporate Bonds eröffnen attraktive Renditechancen

Printausgabe | Juli 2023
Auch im Segment Unternehmensanleihen scheint das katastrophale Jahr 2022 abgehakt zu sein. Weiter bestehende Rezessionsgefahren mindern die Aussichten offenbar kaum. Unterschiedlich bewerten Fondsmanager jedoch einzelne Branchen und Regionen.
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Viele Anleihen wurden in der Niedrigzinsphase zu mageren Kupons und langen Laufzeiten gekauft. Das bedeutete: Ein niedriger Kurs, was positiv ist, war verbunden mit einem niedrigen Kupon, was negativ ist. Entgegengesetzt ist die Situation nun bei neu emittierten Bonds. Der Vorteil höherer Kupons geht einher mit dem Nachteil höherer Kurse. Jedoch: Für die Performance in der Zukunft spielt dies kaum eine Rolle. Da gibt es kaum einen Unterschied. Warum das so ist, zeigt folgendes Beispiel: Man hätte eine alte Anleihe, die man heute mit einem Kupon von einem Prozent zu 100 Prozent kaufen könnte. Wenn man aber eine Anleihe mit drei Prozent Kupon auch zu 100 Prozent kaufen könnte, würden sich natürlich alle Marktteilnehmer auf diese Anleihe stürzen. Die alte Anleihe würde man aber kaufen, wenn man sie z.B. zum Kurs von 97 Prozent erwerben könnte. Im Ergebnis hätte der Anleger die gleiche Rendite. Folglich sind Altlasten bei Corporate Bond Fonds für Neueinsteiger kaum ein Thema. Aber es gibt andere Risikofaktoren, wie die Zins- und Inflationsentwicklung sowie die Gefahr einer heraufziehenden Rezession, die besonders Unternehmensanleihen schwer treffen könnte.

Inverse Zinsstruktur

Die inverse Zinsstruktur ist für Oliver Werner, Fondsmanager des ACATIS IfK Value Renten, eine klare Indikation, dass eine Rezession kommen wird. Dieser Fachbegriff beschreibt die Situation, wenn kurzlaufende Anleihen höhere Renditen bieten als länger laufende. „Wir gehen allerdings von einer Art Soft-Landing aus. Die Ausfallraten, welche in den letzten Jahren historisch niedrig waren, werden steigen, so dass der Schlüssel darin liegt, diese Defaults zu umschiffen“, erklärt Werner und erläutert, dass er sich z. B. von einer Airline fernhält, die nur wegen ihres Staatsanteils noch ein Investment Grade (IG)-Rating von BBB- hat. Eher sollte in Anleihen, die sich z. B. von BB+ auf BBB verbessern, investiert werden. „Eine US-Zinssenkung erwarten wir in diesem Jahr nicht. Seit Auflage des Fonds in 2008 lag die Laufzeit zwischen drei bis sieben Jahren. Mit aktuell 3,1 ist diese sogenannte Duration eher am unteren Ende. Eine Erhöhung ist nicht geplant, da aufgrund der inversen Zinsstruktur mit kurzfristigen Anleihen fast so hohe Kupons lukriert werden können wie mit längerfristigen“, führt der Manager des ACATIS-Fonds aus, der auf einen bunten Mix von Anleihen setzt: Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, Banken, Versicherungen, Wandelanleihen, Hybridanleihen und Cash. Die durchschnittliche Rendite im Fonds liegt bei 7,5 Prozent.

Unternehmensanleihen wieder attraktiv

Bei qualitativ hochwertigen Titeln mit IG-Rating kommen zum attraktiven Kupon äußerst attraktiv erscheinende Kreditrisikoprämien hinzu, also der Aufschlag zum risikofreien Zins. „So weisen IG-Anleihen einen Zinsaufschlag auf, der rund einem Drittel des Hochzinsbereichs entspricht. Damit sind IG-Anleihen gemessen an High- Yield-Anleihen so attraktiv bewertet wie in 20 Jahren nicht mehr,“ erläutert Thomas Umlauft, Fondsmanager des Arbor Invest-Spezialrenten. Die US-Regionalbankenkrise habe die Wahrscheinlichkeit einer wirtschaftlichen Eintrübung allerdings erhöht. Vor allem die zunehmend restriktive Kreditvergabe sei problematisch, da ein maßgeblicher Anteil der Kreditvergabe in den USA durch den Regionalbankensektor gewährleistet wird. Auch in Europa seien die Kreditvergabestandards sehr restriktiv geworden. „Im Fondsmanagement liegt die Kunst darin, auf möglichst viele Szenarien vorbereitet zu sein“, sagt Umlauft. So achte man bspw. auf die interne Ertragskraft von Unternehmen sowie deren Fähigkeit, Cashflows zu erzielen. „Damit gestalten wir das Portfolio robuster, weil wir weniger vom Kapitalmarkt und insbesondere von dessen Willen, Schulden zu refinanzieren, abhängig sind“, analysiert der Fondsmanager weiter und verweist auf sein breit über Bonitäten, Strategien und Laufzeiten diversifiziertes Portfolio. „Wir nutzen sowohl das ganz kurze Ende mit sehr hohen Zinsen als auch das längere Ende, da hier noch relativ hohe Kreditrisikoprämien zu vereinnahmen sind. Beim Kauf von älteren Anleihen mit sehr niedrigen Kupons hat man den Vorteil eines geringen Cash-Preises, der oft über dem Zerschlagungswert des Unternehmens liegt“, führt Umlauft aus und betont: „Das Risiko wird so sehr effizient reduziert.“

NIEDRIGE KUPONS, HÖHERE RISIKOPUFFER

„In unserem Invesco Euro Corporate Bond Fund liegt der durchschnittliche Kupon bei 3,4 Prozent, doch bei einem Anleihekurs von 92 erzielen wir eine Rendite über den Fonds gerechnet von 4,9 Prozent“, erklärt Lewis Aubrey-Johnson, Leiter Fixed Income Produkte bei Invesco EMEA. 70 Prozent der erwarteten Rendite für 2024 ergebe sich demnach aus den Kupons und 30 Prozent aus der Annäherung des Anleihekurses an den Nennwert von 100 Prozent. Man erhalte also einen besseren Risikopuffer, wenn man Anleihen kauft, die niedrige Kupons, aber auch einen niedrigen Nennwert haben. „Denn im Fall einer Restrukturierung, wenn also etwa die Anleihe notleidend wird, hat man im Fall einer erstrangigen Anleihe einen Anspruch auf 100 Prozent des Nennwertes, hat aber viel weniger dafür bezahlt“, sagt Aubrey-Johnson.

„Derzeit sehen wir eine Abschwächung der globalen Konjunktur, aber die Kreditrisikoprämien reflektieren dies bereits, es sein denn, wenn diese tief ausfallen sollten“, sagt der Anleihe-Experte. Trotz der Erwartung einer milden Rezession wurde die Duration im Fonds so stark ausgeweitet wie in mehreren Jahren nicht mehr. Der Grund: Spätestens im Herbst rechnet man bei Invesco mit dem Zinsgipfel. Im Gegenzug sei der Fonds im riskanteren High-Yield-Bereich nur gering gewichtet. Ebenso halte man sich im IG-Segment von den zyklischen Sektoren, wie etwa Rohstoffe und Chemie, fern und konzentriere sich vielmehr auf Qualitätstitel. „Wir sind sehr aktive Investoren. Seit der Auflage des Invesco Euro Corporate Bond Fund im Jahr 2006 konnten wir den Index nach Gebühren um 0,5 Prozent pro Jahr outperformen“, freut sich Aubrey-Johnson, was sich über die gesamte Fondslaufzeit auf 15 Prozent summiere. Auch Diversifikation bleibe Trumpf, was an der Zahl von mehreren Hundert Fondspositionen sichtbar werde.

Attraktive Renditen

Der Schroder EURO Corporate Bond Fonds investiert in Euro-Unternehmensanleihen mit guter Bonität und bietet aktuell eine effektive Rendite in Höhe von 5,2 Prozent. Dies sei ein Anstieg von mehr als vier Prozent im Vergleich zum Sommer 2021. „In Anbetracht des Konjunkturumfelds präferieren wir eher defensive gegenüber zyklischen Sektoren. Wir bevorzugen Unternehmen, die stabile Cashflows generieren und eher geringe Kapitalausgaben haben“ sagt Daniel Lösche, Investment Director Fixed Income Schroders und nennt Titel aus dem Infrastruktur- sowie aus dem Dienstleistungsbereich als vielversprechend. Außerdem biete der Energiesektor eine Absicherung gegen die Inflation. Vorsichtig ist man bei konsumnahen Bereichen, da sich hier die Lebenshaltungskostenkrise auf den Güterkonsum auswirken werde. Im Gegenzug könne die Immobilienbranche Potenzial aufweisen. „Wir bevorzugen den Logistiksektor. Ein gewisses Maß an Flexibilität ist sicherlich hilfreich“, ergänzt Lösche.

„Wir sind relativ konstruktiv für die Aussichten für europäische Unternehmensanleihen im Investment Grade Segment“, erklärt Chris Hult, Manager des Threadneedle (Lux) European Corporate Bond Fund. Dabei achtet das Fondsmanagement auf fünf Schlüsselfaktoren, um den Markt adäquat einzuschätzen. Erstens, die Zinspolitik der Notenbanken, zu der man negativ eingestellt ist. Zweitens, der Konjunkturausblick, der neutral bewertet wird. Drittens, die Marktbewertungen und die Zinsaufschläge, die neutral bis positiv eingeordnet werden. Schließlich die Kreditqualität und Kursschwankungen, die eine positive bzw. neutrale Bewertung erhalten. Einige der Megatrends, welche die Inflation in den letzten Dekaden unter Kontrolle gehalten haben, bleiben laut Threadneedle weiterhin intakt: konkret der steigende Einsatz von Hochtechnologien, die zunehmende Alterung der Weltbevölkerung, die geringere Organisation der Arbeitskräfte in Gewerkschaften und dazu noch die hohe Verschuldung. Zudem würden die gestiegenen Zinsen früher oder später die Inflation wieder in die Knie zwingen. „Wir richten unser Portfolio besonders nach Gesichtspunkten der Kreditqualität und Bewertung aus. Dies erscheint uns wichtiger als Konjunktur- und Zinsprognosen“, meint Hult und ergänzt, dass man in stabilen Industriesektoren wie Versorger oder Telekomwerte übergewichtet ist. Als Beimischung dienen auch Bereiche, die schwer unter Druck geraten sind, wie Immobilen, insbesondere Logistik- und Rechenzentren.

„Bei gut kapitalisierten Bankinstituten sehen wir attraktive Opportunitäten, im Gegensatz zum Immobiliensektor, wo der Markt vor enormen Schwierigkeiten steht“, sagt Lukas Feiner, Geschäftsführer der Metis Invest, die mit zwei nachhaltigen Corporate-Bond-Fonds am Markt ist. Das Fondsmanagement investiert in Euro-denominierte Unternehmensanleihen mit IG-Rating. „Dazu kommt noch ein Crossover Fonds, der in Nachranganleihen und Quality High-Yield-Unternehmen investiert“, ergänzt Feiner und betont, dass man auf Unternehmen mit höherer Bonität und guter Bilanzstruktur setzt. Resümierend fügt er hinzu: „Auch wenn wir damit kurzfristig etwas an Spread liegen lassen, sind wir der Überzeugung, dass dieser umsichtige Ansatz im besten Interesse unserer Investoren ist, die IG-Anleihen wegen ihrer stabilen und vergleichsweise sicheren Renditen schätzen.“

„Anders als bei Staatsanleihen müssen bestehende Investoren in unseren Unternehmensanleihefonds nur vier bis fünf Jahre warten, bis die Verluste aus dem Jahr 2022 weitgehend wettgemacht sind“, stellt der Metis-Geschäftsführer fest. Zudem sei eine im Vergleich zum Gesamtmarkt etwas kürzere Duration bereits vor der Zinswende hilfreich gewesen. Auf die Risiken einer möglichen Rezession sei man vorbereitet, indem verstärkt in Unternehmen guter Bonität investiert wurde. Gleichwohl gehen die Marktkenner nicht von einer Wirtschaftskrise aus. Grundsätzlich verfolgt das Fondsmanagement einen fundamental orientierten Investmentansatz. Dabei spielen ESG-Faktoren, finanzielle Stabilität, eine gesunde Bilanz- und Cash-Flow-Struktur sowie ein stabiles und profitables Geschäftsmodell die Hauptrolle. Nach Einschätzung von Metis ist der Markt für Unternehmensanleihen hoher Bonität durch einen strukturellen Risikoaufschlag im Vergleich zu risikolosen Staatsanleihen charakterisiert. „Wir streben danach, diese Prämie durch breite Diversifikation und eine fundierte Unternehmensanalyse zu erhalten“, sagt Feiner und fügt hinzu: „Was die Notenbankenpolitik in den USA anbelangt, erachten wir zwei Zinssenkungen für optimistisch. Doch angesichts der hohen Zinsvolatilität an den Märkten sehen wir, dass es der US-Notenbank offenbar an Glaubwürdigkeit mangelt, ihr Zinsziel von zwei Prozent in absehbarer Zeit zu erreichen.“

Karsten Rosenkilde, Portfolio Manager des DWS Invest Euro Corporate Bonds, erwartet, dass der IG-Index im Gesamtjahr 2023 rund 5,7 Prozent Performance erbringen sollte. Per Ende Mai steht dieser bei einer Performance von rund zwei Prozent – damit bliebe noch ordentlich Luft nach oben. „Im Bereich IG-Unternehmensanleihen spielt das Thema Rezession nur eine geringe Rolle, da wir nicht mit einem starken Einbruch rechnen. So befindet sich der Verschuldungsgrad großer, stabiler Unternehmen auf einem Zehnjahrestief. Die Cashflows sind sehr hoch und wurden über die letzten Jahre sogar noch deutlich ausgeweitet, da wegen der Covid-Krise 2019 bis 2021 die Unternehmen sehr risikoscheu agiert und wenige neue Investitionen getätigt haben“, erläutert Rosenkilde. Viele der großen Unternehmen verfügen über Preissetzungsmacht. Dies gelte weniger für zyklische Unternehmen wie Automobilhersteller, Chemiekonzerne oder Rohstofffirmen, die daher untergewichtet sind. Übergewichtet sind hingegen multinationale Konzerne z. B. aus dem Telekomsektor sowie in geringerem Maße in den Sektoren Health Care und Versorger. Stark investiert ist der DWS-Fonds zudem im Technologiesektor sowie im Bereich Logistikimmobilien, der vom starken Wachstum im Internethandel profitiert. „Was die Branchenstrategie anbelangt, sind wir für europäische Banken positiv gestimmt, da bei diesen die Eigenkapitalquote mit 14 Prozent sehr hoch ist. Nachranganleihen von Banken bieten deutlich höhere Kupons bei nur unterproportional höherem Risiko – etwa Renditen von acht bis neun Prozent“, sagt der Portfolio-Manager. Für ihn liegt ein Vorteil von Corporate Bonds gegenüber Aktien in dem Umstand, dass ein Unternehmen ‚nur‘ überleben und den Kupon und die Tilgung leisten müsse, damit die Anleger ihre volle Rendite erhielten. Rosenkilde weiter: „Aktien sind da weitaus riskanter, denn die Aktienkurse können stark abstürzen, ohne dass ein solches Unternehmen pleite geht.“