Startseite » Investmentfonds » Anlagestrategie » Die Grenzen Trumps Politik

Die Grenzen Trumps Politik

April 2025
Auf die möglichen Risiken einer Kapitalflucht aus US-Vermögenswerten geht Laurent Denize, Co-CIO von ODDO BHF.
ODDO BHF
Laurent Denize, ODDO BHF

Aktien, Unternehmensanleihen, der US-Dollar – alle geben kräftig nach und die Anleiherenditen steigen – eine ungewöhnliche Kombination, die zuletzt in den USA zu beobachten war. Das Phänomen trat jedoch auch schon in Großbritannien während der Liz-Truss-Episode und häufiger in Schwellenländern auf, wenn das Vertrauen auf breiter Basis erodiert. „Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, könnte die Flucht aus US-Vermögenswerten ein großes Risiko werden. Denn der US-Dollar und US-Staatsanleihen gelten als vermeintlich sicherer Hafen der Welt, und das globale Finanzsystem stützt sich auf die Annahme, dass sie sicher sind“, schreibt Laurent Denize, Co-CIO von ODDO BHF, in seinem monatlichen Investment-Brief.

Jenseits des Marktgetöses liegt der Schlüssel zur Frage, wohin die Finanzmärkte steuern, Denize zufolge in einem Vermögenswert: US-Staatsanleihen. „Vergessen Sie Trump, JD Vance, Musk, das Weiße Haus. Jetzt bestimmt der Anleihemarkt das Geschehen. Steigen die Anleiherenditen weiter, muss entweder die Trump-Regierung ihren Handelskrieg aufgeben (was künftige Steuersenkungen gefährdet) oder die Fed wird sich gezwungen sehen einzugreifen.“ Die USA leben über ihre Verhältnisse. Das zeigt sich an der enormen Verschuldung in Höhe von über 110 Prozent des BIP und einem Haushaltsdefizit, das dieses Jahr voraussichtlich bei über sieben Prozent liegen wird.

Insgesamt müssen die USA in diesem Jahr rund 8 Billionen US-Dollar an fälligen Schatzpapieren und Anleihen umschulden, weitere 500 Mrd. US-Dollar an Zinsen für ausstehende Schatzpapiere und Anleihen zahlen und rund 2 Billionen US-Dollar an neuen Schatzpapieren ausgeben. In den letzten 50 Jahren haben es vor allem Anleihen den USA ermöglicht, Wachstum zu generieren und somit den sinkenden Lebensstandard zu kaschieren. Seit Anfang der 1980er Jahre sind die Anleiherenditen kontinuierlich gesunken, was den USA erlaubte, immer mehr Schulden aufzunehmen und Kredite in das Finanzsystem zu pumpen.

DRÜCKENDE ZINSLAST

Die Trump-Administration wisse, dass sie in den nächsten zwölf Monaten 10 Billionen US-Dollar refinanzieren müsse, und wolle dies bevorzugt über langfristige anstatt mit kurzfristigen Schuldtiteln tun. „Steigen aber die Zinsen in unerschwingliche Höhen, gerät die US-Regierung ernsthaft in Bedrängnis. Angesichts der massiven Verschuldung der USA – Zinszahlungen sind inzwischen der größte Ausgabenposten im US-Haushalt – würde ein Zinsanstieg mit Sicherheit eine Rezession auslösen“, verdeutlicht Denize. Dies könnte zahlreiche negative Auswirkungen haben. Der Konsum bräche wegen fehlender Ersparnisse drastisch ein, der Kreditzyklus käme ins Stocken. Hinzu käme ein möglicher Vertrauensverlust bei den privaten Haushalten angesichts des Wertverlusts bei Finanzanlagen und Immobilienwerten, die beiden zentralen Säulen der Vermögensbildung in den USA.

US-Finanzminister Scott Bessent hat laut ODDO BHF nur wenige Möglichkeiten, um die Renditen zu senken und im Spiel mit dem Bondmarkt den Ausgleich zu erzielen, bevor die Zeit abläuft:

Die erste Option wäre, das US-Defizit zu verringern, um das Vertrauen der Anleger in den „risikofreien“ Status von US-Staatsanleihen wiederherzustellen. Doch die Chancen dafür stehen schlecht, und die vom DOGE erreichten Einsparungen reichen bei weitem nicht aus, um das immense Haushaltsdefizit auszugleichen.

Eine zweite Option wäre der Verkauf von Sachwerten (vor allem unerschlossene Bodenschätze) zur Schuldentilgung. Doch kurzfristig ist das nicht realistisch. Eine dritte Möglichkeit wäre die Privatisierung von Fannie Mae und Freddie Mac, was die Renditen von US-Staatsanleihen drücken würde. Allerdings bestünde das Risiko, dass die Hypothekenzinsen unter Druck geraten und sich hierdurch die Stimmung der Haushalte eintrüben könnte.

Als vierte Option könnte man Staatsanleihen aus den Berechnungen der Supplementary Leverage Ratio der Fed herausnehmen. Diese Vorgabe verpflichtet die größten US-Banken dazu, Kapital in Höhe von mindestens 5 % ihres Gesamtvermögens zu halten, unabhängig von der Risikogewichtung dieser Vermögenswerte. Letztere Option ließe sich schnell umsetzen.

Jerome Powell könnte ebenfalls eine Schlüsselrolle bei der Rettung der Anleihen spielen, meint Laurent Denize, denn die Fed hat erheblich an Glaubwürdigkeit gewonnen, wenn es darum geht, auf Panikereignisse zu reagieren. „Wenn Trump keinen „Fed-Put“ durchsetzen kann, könnte Powell selbst entscheiden, langfristige US-Schuldtitel zu kaufen. Die Fed hält 14% der US-Staatsanleihen und könnte diesen Anteil theoretisch auf 100% ausweiten – im Wege der berühmten quantitativen Lockerung. Zudem könnten die US-Behörden beschließen, die Anleiherenditen offiziell zu deckeln, wie es Japan 2016 getan hat.“ Denize geht davon aus, dass sich die US-Institutionen als stark genug erweisen werden, um das Vertrauen der Anleger zu sichern.

WIE KÖNNEN ANLEGER SICH POSITIONIEREN?

US-Staatsanleihen: In den vergangenen Tagen haben sich kurzlaufende Titel (2 Jahre) vergleichsweise stabil gezeigt, während längere Laufzeiten (10 und 30 Jahre) besonders stark unter Druck gerieten. Der Ruf von US-Staatsanleihen als “sicherer Hafen” wird zusehends in Frage gestellt und US-Staatsanleihen preisen inzwischen höhere Risikoprämien ein. Gerade diese attraktiven Risikoprämien könnten ausländische Investoren anlocken. Zudem könnte der bevorstehende Wirtschaftsabschwung die Anleiherenditen in den USA nicht steigen, sondern sinken lassen. Dennoch hält es Denize für ratsam, bevorzugt auf das vordere Ende der Kurve zu setzen, um das Risiko eines weiteren kurzfristigen Abverkaufs bei langlaufenden Anleihen zu begrenzen.

Europäische Staatsanleihen: Kurzfristig könnten Wachstumssorgen die Zinsentwicklung stärker beeinflussen als die preistreibende Wirkung der Zölle. Deshalb setzt ODDO BHF in den europäischen Kernländern auf eine leicht übergewichtete Duration und bleibt bei den Spreads in den Semi-Kernländern und Peripheriestaaten vorsichtiger. Angesichts der langfristigen inflationären Wirkung der Konjunkturprogramme und Zölle liegt die Präferenz auf der Kurvenmitte anstatt auf dem langen Ende.

Unternehmensanleihen: In Bezug auf das Kreditrisiko bleibt ODDO BHF sowohl in Europa als auch in den USA vorsichtig. „Noch sind die Spreads in absoluter Sicht vergleichsweise niedrig und bieten damit keine hinreichende Kompensation für die deutlich gestiegene Unsicherheit, die hohe Marktvolatilität und das Rezessionsrisiko. Dies gilt insbesondere für langlaufende Hochzinsanleihen. Investment-Grade-Titel und Hochzinsanleihen mit kurzer Laufzeit dürften aus unserer Sicht hingegen von weiterhin attraktiven Renditen profitieren“, erläutert Denize.

Aktien: ODDO BHF behält die leicht untergewichtete Position in US-Aktien bei. „Da die Aktienbewertungen jedoch massiv gesunken sind, erscheinen uns einige Unternehmen langfristig gesehen günstig bewertet“, so Denize. „Vor diesem Hintergrund und angesichts der Konjunkturprogramme in Deutschland sowie der gezielteren Gegenmaßnahmen in Europa halten wir Europa in relativer Sicht für die bessere Wahl.“

Die letzten Tage haben Denize zufolge eines gezeigt: Turbulenzen am US-Anleihemarkt sind möglicherweise der einzige Hebel, um Druck auf die Trump-Administration auszuüben. „Die gute Nachricht ist, dass wir endlich zwei Gewissheiten haben. Erstens ist Trumps Erfolg eng mit dem Wohl und Wehe des Anleihemarktes verknüpft. Zweitens: Der „Trump Put” existiert. Die schlechte Nachricht: Der politische Zickzack-Kurs könnte noch einige Quartale andauern und die Zauberformel muss erst noch gefunden werden, damit Trump Boden wieder gutmachen und im Spiel gegen den Anleihemarkt auf ein 1:1 ausgleichen kann.