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Die Krux mit dem Pensionssystem

Februar 2024
Im jüngsten Mercer CFA Institute Global Pension Index schneidet das staatliche Pensionssystem schlecht ab. Stefan Kerschbaumer von der Schoellerbank ortet Handlungsbedarf.
Fotostudio Susi Graf
Stefan Kerschbaumer, Schoellerbank

Im Rahmen der im Oktober 2023 veröffentlichten Studie von Mercer und dem CFA Institute wurde der sogenannte Mercer CFA Institute Global Pension Index 2023 vorgestellt. Österreich erreichte mit 52,5 von 100 möglichen Punkten nur den 40. Rang unter 47 Staaten. Dies bedeutet gegenüber dem Vorjahr eine weitere Verschlechterung. 2022 hatte Österreich noch mit 55 Punkten den 33. Platz erreicht.

Kurz zusammengefasst vergleicht der Mercer CFA Institute Global Pension Index die Pensionssysteme der Länder im Hinblick darauf, wie gut diese für zukünftige Herausforderungen gewappnet sind. Dabei werden die drei Subkategorien Angemessenheit, Nachhaltigkeit und Integrität verwendet, um hauptsächlich folgende Fragen zu beantworten:

• Welche Leistungen werden die künftigen Pensionsempfänger voraussichtlich erhalten?

• Können die bestehenden Systeme trotz der demografischen und finanziellen Herausforderungen weiterhin diese Leistungen sicherstellen?

• Sind die privaten Rentenpläne so geregelt, dass sie das langfristige Vertrauen der Gemeinschaft fördern?

Besonders im Bereich „Nachhaltigkeit“ besteht hierzulande Nachholbedarf. Wie schon in den Vorjahren schneidet Österreich in dieser Subkategorie am schlechtesten von allen teilnehmenden Ländern ab. Nachhaltigkeit ist hier im klassischen Wortsinn als „Zukunftsfähigkeit“ zu verstehen. Die demografische Entwicklung ist dabei ein zentraler Faktor. Weitere Aspekte sind die wirtschaftliche Bedeutung des privaten Rentensystems, der Grad seiner Finanzierung, die Dauer des zu erwartenden Ruhestands (sowohl aktuell als auch in Zukunft), die Erwerbsquote der älteren Bevölkerung, das aktuelle Niveau der öffentlichen Rentenausgaben und der Staatsverschuldung sowie die Höhe des realen Wirtschaftswachstums.

Die Thematik ist nicht neu, vor allem die Themen der demografischen Entwicklung, der geringen Aktivquote bei älteren Menschen bzw. ein frühes Pensionsantrittsalter sowie die Staatsverschuldung sind bereits seit Jahren – wenn nicht Jahrzehnten – bekannt. Der letzte Platz in der Kategorie Nachhaltigkeit und das unterdurchschnittliche Abschneiden im Gesamtindex, hinter Italien oder Spanien, aber auch hinter Ländern wie Botsuana oder Kolumbien, zeigen die Dringlichkeit nochmals auf. Das aktuelle Umfeld mit im Vergleich zu den letzten Jahren wieder höheren Zinsen und höherer Inflation verstärkt die Problematik weiter. Die hohe Inflation führt zu höheren nominellen Pensionserhöhungen, und höhere Zinsen belasten das Staatsbudget. Zusätzlich ist die Aktienquote der privaten Investoren bzw. Sparern in Österreich traditionell niedrig. Auch wenn hier in den letzten Jahren ein leicht positiver Trend zu erkennen ist, ist der Anteil der Privatpersonen, die in Aktien bzw. Aktienfonds investieren, im internationalen Vergleich weiterhin niedrig.

Als Konsequenz steigen die staatlichen Zuschüsse zum Pensionssystem immer weiter. Angesichts dieses Trends steigt der Druck auf die Politik, Maßnahmen zu ergreifen. Hier stehen beispielsweise eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters oder eine geringere Erhöhung der bestehenden Pensionen im Raum. Dass diese Maßnahmen unpopulär sind und daher nur schleppend umgesetzt werden, verstärkt letztlich das Problem für Steuerzahler und potenzielle zukünftige Pensionsempfänger.

ZWEITE UND DRITTE SÄULE STÄRKEN

Angesichts der Herausforderungen der ersten Säule des Pensionssystems scheint es dringend notwendig, die zweite und dritte Säule – also die betriebliche und die private Vorsorge – zu stärken. Hier stehen mehrere Vorschläge im Raum. So liegt beispielsweise die maximale Förderung zur Zukunftssicherung der Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber seit 1975 bei 300 Euro – wohlgemerkt pro Jahr. Die Anhebung dieses Betrages wäre ein einfacher Hebel, um die betriebliche Vorsorge zu stärken. Denkbar wäre beispielsweise auch eine verpflichtende Pensionskassenlösung für alle Arbeitnehmer um eine größere Verbreitung der zweiten Säule zu erreichen.

Zur Förderung der privaten Vorsorge (dritte Säule) ist im Programm der aktuellen Bundesregierung eine steuerfreie Möglichkeit zur Veranlagung in Wertpapieren vorgesehen. Hier kam es jedoch noch zu keiner Einigung – offen sind z. B. noch die notwendige Behaltedauer und die konkrete Abwicklung auf den Depots –, und somit gab es hier bisher keine Umsetzung.

Solange all diese Pläne oder Vorschläge nicht in die Tat umgesetzt werden, gilt es, mit den vorhandenen Instrumenten auszukommen. Es gibt für Privatpersonen auch aktuell eine Reihe von Möglichkeiten, für die Pension vorzusorgen. Diese reichen vom einfachen Sparbuch über Kapital-Lebensversicherungen (sowohl klassisch als auch fondsgebunden) und der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge bis zu Wertpapierdepots und Fondssparplänen – um nur einige zu nennen.

Bei all den unterschiedlichen Vorsorgemöglichkeiten ist eines klar: Egal, wie sich die individuelle Situation darstellt, wer noch einen größeren Zeitraum bis zum Ruhestand vor sich hat, der sollte sich nicht auf die staatliche Pension allein verlassen. Die Antwort auf die Frage, wie man konkret vorsorgen soll, ist jedoch keine einfache. Wichtig ist jedenfalls, sich zunächst ein klares Bild über die eigene Situation zu machen. Dass dies nicht immer einfach ist, liegt auf der Hand. Allein schon die Vielzahl an Parametern, die es zu berücksichtigen gilt, macht die Angelegenheit komplex. Dazu zählen grundlegende Daten wie Alter, Familiensituation, Beschäftigungsart (z. B. selbstständig oder unselbstständig), Einkommenshöhe und -regelmäßigkeit, aber auch die individuelle Vermögens- und Einkommenssituation oder der aktuelle Stand des Pensionskontos. Schließlich gilt es auch einen Blick in die Zukunft zu machen und die Situation bei Pensionsantritt einzuschätzen. Spätestens hier ist für die meisten wohl die Hilfe eines professionellen Finanzplaners notwendig.

Was oft profan als „Pensionslücke“ ausgewiesen wird – nämlich die Differenz zwischen aktuellem Einkommen und erwarteter Pension – ist in der Praxis meist kaum relevant. Die tatsächliche Pensionslücke muss berücksichtigen, dass sich das Ausgabeverhalten bis zum Pensionsantritt verändern wird. Beispielsweise ist dann der Kredit für das Eigenheim bereits abbezahlt, oder die Unterstützung für die aktuell noch in Ausbildung befindlichen Kinder ist nicht mehr notwendig. Andererseits ändert sich im Ruhestand auch das Freizeitverhalten, und die Ausgaben für Gesundheit und Pflege sind möglicherweise höher.

Auch die Inflationsentwicklung ist ein wichtiger Faktor, den es zu berücksichtigen gilt – vor allem wenn der Pensionsantritt noch weiter in der Zukunft liegt. Schließlich gilt es, die Vermögenssituation bei Pensionsantritt zu berücksichtigen – hier ist etwa von Bedeutung, welche Vermögensteile illiquide (z. B. Immobilien, Unternehmensbeteiligungen) und welche liquide sind und somit zur Abdeckung einer etwaigen Liquiditätslücke herangezogen werden können. Besonders bei illiquiden Vermögensstrukturen gilt es, rechtzeitig eine Umschichtung in liquidere Vermögenswerte zu planen.

Auch wenn es viele unterschiedliche individuelle Situationen gibt, lassen sich doch einige grundsätzliche Faustregeln feststellen: Es ist vorteilhaft, möglichst früh mit der privaten Vorsorge zu beginnen und je nach Risikobereitschaft auch eine dynamischere Veranlagung zu wählen. Denn dann kann stärker vom Zinseszinseffekt profitiert und auch mit kleineren monatlichen Beträgen das Ziel erreicht werden. Aktienveranlagungen haben in der Vergangenheit über längere Zeiträume betrachtet immer positive Wertsteigerungen erzielt – allerdings müssen dabei die kurzfristigen Wertschwankungen verkraftet werden können. Eine individuelle Beratung ist empfehlenswert, da allein schon die Bestimmung des Vorsorgebedarfs überfordernd sein kann. Auch die Auswahl der geeigneten Vorsorgeinstrumente stellt für Laien eine große Herausforderung dar.