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„Die Zinsschritte werden vermutlich kleiner.“

März 2023
Um die Inflation in der Eurozone einzudämmen, wird die EZB die Zinsen noch weiter anheben müssen, meint Katharina Jantschgi, Leiterin Private Banking und Privatkunden Wien der Hypo Vorarlberg. Jangschi zeigt auf, worauf Anleger deshalb bei europäischen Staatsanleihen achten sollten.
Hypo Vorarlberg
Katharina Jantschgi, Hypo Vorarlberg

FONDS exklusiv: Wie lautet Ihr Zinsausblick für die Eurozone, aber auch für deutsche 10jährige Renditen, im Jahr 2023?

Katharina Jantschgi: Die jüngsten Daten der EU-Inflation zeigen eine Verfestigung des hohen Inflationsniveaus, was unsere Einschätzung stützt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) noch nicht am Ende des Zinserhöhungspfades angekommen ist. Wir glauben das weitere Zinsanhebungen nötig sind, um die Inflation spürbar einzudämmen. Dennoch ist davon auszugehen, dass die Zinsschritte kleiner werden, um der Wirtschaft weniger Schaden zuzufügen. Die neusten Markterwartungen schätzen den Leitzins-Peak in Europa auf 3,60 Prozent. Für 10-jährige Staatsanleihen bedeutet das auf der einen Seite weitere Kursrisiken und auf der anderen Seite steigende Renditeniveaus. Das Misstrauen der Anleger in langfristige Anleihen wird insbesondere durch die inverse Zinskurve deutlich, wodurch 10-jährige Staatsanleihen geringer als kurzlaufende Anleihen rentieren.

Sind europäische Staatsanleihen wieder eine interessante Beimischung in einem Private Banking-Portfolio?

K.J.: Dies ist differenziert zu bewerten. Grundsätzlich bleibt die Assetklasse Anleihen ein zentraler Bestandteil eines ausgewogenen Multi-Asset-Portfolios, wie wir es für unsere Private Banking-Kunden umsetzen. Daraus entstehende Korrelationseffekte senken langfristig betrachtet die Volatilität der Portfolios. Was neue Investitionen betrifft, scheinen die Renditeniveaus bei europäischen Staatsanleihen auf den ersten Blick verlockend. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch klar, dass der erhöhte Bedarf an Zinserhöhungen in Europa zu Kursverlusten in diesem Anleihesegment führen dürfte. Ein zusätzlicher Belastungsfaktor bleibt die hohe Inflation, die sich zusehends verfestigt. Unter dem Aspekt der „Realverzinsung“ – sprich der Rendite einer Anleihe abzgl. Inflation – bleiben europäische Staatsanleihen für neue Investitionen weiterhin unattraktiv. Besonders langlaufende Anleihen weisen im aktuellen Marktumfeld ein erhöhtes Zinsänderungsrisiko auf. Aus den genannten Gründen halten wir an unserer Untergewichtung fest.

Und nur aus der Kernzone oder auch aus der Peripherie?

K.J.: Der Kapitalmarkt befindet sich in einer Findungsphase, bei der Risikofaktoren wie die neue Zinslandschaft, eine hohe Inflation und die Ungewissheit über den weiteren Kriegsverlauf für Unsicherheit sorgen. Was viele Anleger nicht wissen: Prozentual betrachtet war die Schwankungsintensität der Anleihemärkte höher ausgeprägt als die der Aktien. Die Schnelllebigkeit der Anleihemärkte erfordert aus unserer Sicht einen passenden Portfoliomix, bestehend aus Anleihen der Kernzone als auch der Peripherie. Die Renditen von Hochzins- und Schwellenländeranleihen liegen über dem 10-jährigen Durchschnitt, während die Spreads seit dem vergangenen Jahr rückläufig sind. Das ist für Investoren ein durchaus attraktives Einstiegsniveau, vorausgesetzt die Ausfallquoten steigen in den kommenden Monaten nicht nennenswert an.