Im Jahr 1996 prägte der damalige US-Notenbankchef Alan Greenspan den Begriff des irrationalen Überschwangs. Er meinte damit die Blase an den Aktienmärkten infolge der damaligen Tech-Euphorie, die dann im März 2000 platzte. „Heute sind Technologieaktien zum Teil auch sehr hoch bewertet, doch die Situation ist eine andere. Ich würde von einem rationalen, von Künstlicher Intelligenz (KI) getriebenem, Überschwang sprechen“, sagt DWS-Chefanlagestratege Vincenzo Vedda in seinem Ausblick für das Jahr 2026. Nach der ersten Phase der Euphorie werde der Fokus künftig allerdings deutlich stärker darauf liegen, inwiefern die hohen Investitionen in KI auch zu Effizienzsteigerungen bei den Unternehmen führten.
DIFFERENZIERTE BETRACHTUNG
Damit einher müsse eine differenziertere Betrachtung der Unternehmen gehen. „Nicht alle KI-Unternehmen werden zu den Gewinnern gehören“, so Vedda. „Bullenmärkte wurden in der Vergangenheit aber hauptsächlich von Rezessionen gestoppt. Das halten wir momentan für sehr unwahrscheinlich. Insbesondere, da das Gewinnwachstum bei den Unternehmen intakt sei. Auch die erwarteten weiteren Zinssenkungen sollten sich positiv auswirken. „Wir blicken deshalb positiv auf das Anlagejahr 2026“, so Vedda.
Schließt das Rücksetzer aus? Nein. Die Bewertungen von US-Technologietiteln seien inzwischen schon recht hoch. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es inzwischen Überkapazitäten gebe, beispielsweise bei Datencentern. Kritisch können bei dem einen oder anderen Unternehmen auch die hohe Fremdkapitalquote gesehen werden, um Investitionen zu finanzieren. Vedda hält deshalb eine gute Diversifikation über Regionen, Sektoren, Anlagestile und Währungen im kommenden Jahr für sehr wichtig. Ein Baustein innerhalb der Anlageklasse Aktien: europäische Nebenwerte, die von der expansiven Fiskalpolitik in Deutschland und Europa profitieren sollten. Trotz dieser positiven Aussichten auch für Europa lautet sein Rat für 2026: „Nicht gegen die USA wetten.“
POSITIVE WACHSTUMSBEITRÄGE
Wir erwarten, dass das Wirtschaftswachstum in den USA dank KI im Jahr 2026 anziehen wird und sehen ein Plus von 2,1 Prozent nach 1,9 Prozent im Jahr 2025. In der Eurozone dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2026 mit 1,1 Prozent (2025: 1,4 Prozent) wachsen, wobei Deutschland die Phase der Stagnation hinter sich lassen und mit 1,2 (2025: 0,3) Prozent wachsen dürfte.

