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Kreditklemme löst Bankenpleiten ab

Mai 2023
Martin Gautsch, Bereichsleiter Asset Management bei der Zürcher Kantonalbank Österreich AG, verweist auf das wachsende Risiko der zunehmend restriktiveren Kreditvergabe vieler Banken.
ZKB Oe
Martin Gautsch, ZKB Oe

Der April war aufgrund einer guten Berichtssaison und der Verhinderung weiterer Bankenpleiten ein Lichtblick für Anleger, betont Martin Gautsch, Bereichsleiter Asset Management bei der Zürcher Kantonalbank Österreich AG, in seinem aktuellen Marktkommentar.

Doch dunkle Wolken am Horizont stehen einer Euphorie und offensiveren Ausrichtung im Mai und darüber hinaus im Weg. Die Kerninflationsraten sind nach wie vor hoch, für das zweite Halbjahr wird in den USA und Europa eine milde Rezession erwartet. Neuer Hauptrisikofaktor ist die zögerlichere Kreditvergabe. Gautsch analysiert die aktuelle Lage.

Das Hauptrisiko eines Flächenbrands von Bankenpleiten konnte nach den Ereignissen um die Silicon Valley Bank und die Credit Suisse abgewendet werden. Notenbanken, Aufsichtsbehörden und Regierungen haben ihren Teil dazu beigetragen, sie lassen eine Kettenreaktion nicht zu. Die Berichtssaison im April hat eine erfreuliche Entwicklung genommen, auch einige der großen Technologieunternehmen haben gut performt. Das hat den Markt in Schwung gebracht. Dennoch stecken Anleger ein wenig im Dilemma: Die guten Unternehmenszahlen, nicht so üble Konjunkturzahlen und ein robuster Aktienmarkt strahlen zwar Ruhe aus, diese könnte sich jedoch als trügerisch erweisen.

MILDE REZESSION

Die Märkte sind nicht frei von Angst, es bestehen vor allem gut begründete Rezessionssorgen. Wir erwarten für das zweite Halbjahr eine milde Rezession in den USA und in Europa. So sendet insbesondere der wichtige Leading Economic Index für die USA ein klares Rezessionssignal. Mehrere Faktoren stützen diese Wirtschaftsverlangsamung: Zum einen ist es die hartnäckige Inflation. Während die Gesamtinflation unter anderem durch sinkende Energiepreise zurückgegangen ist, verharrt die Kerninflation auf einem hohen Niveau.

Hinzu kommt das neue Hauptrisiko, die restriktivere Kreditvergabe von Banken, die in einer Kreditklemme münden könnte. In den USA setzen die kleinen und mittleren Banken das schon um oder haben es zumindest geplant. Die zurückhaltende Kreditvergabe kann aufgrund ihres wirtschaftssenkenden Effekts auch dazu beitragen, dass die Inflation zurückgeht. Zudem lassen die Notenbanken aufgrund der anhaltenden Inflation möglicherweise noch länger die Finger von Zinssenkungen, wie die jüngste Zinserhöhung der Fed am 4. Mai beweist.

Vor diesem Hintergrund halten wir eine defensive Ausgestaltung der Anlagepolitik weiterhin für angemessen. Wir sind auf der Aktienseite leicht untergewichtet. Dabei bevorzugen wir die europäischen Aktienmärkte, weil wir hier mehr Aufholpotential und überdurchschnittliches Gewinnwachstum sehen.

WACHSTUMSTITEL IM VORTEIL

Was die Aktienseite betrifft, sehen wir derzeit deutlich mehr Potential bei Wachstumstiteln. Wir haben unsere Position hier speziell in den USA ausgebaut und haben das auch in Europa vor. Growth-Titel waren im letzten Jahr weniger erfolgreich, stark steigende Zinsen sorgten für ein undankbares Umfeld. Die Zinsschritte haben sich nun verlangsamt, was darauf schließen lässt, dass es irgendwann – wenn auch deutlich später, als zunächst gedacht – zu einer Plateaubildung kommt. Daher ist der Ausblick für Wachstumstitel nun positiver behaftet. Zur Wachstumskategorie gehören auch zahlreiche Technologieunternehmen, diese haben ein höheres Potential, sich auch im Falle einer wirtschaftlichen Abkühlung zu behaupten. Value-Titel, zu denen außerdem auch viele Banken gehören, sind derzeit weniger interessant.

Wie immer wird auch Gold im Zusammenhang mit Strategien zur Dämpfung der Inflationseffekte genannt. Das Edelmetall ist in unseren Augen nicht das ideale Vehikel für diesen Zweck, auch wenn es im April mehrmals die 2.000-Dollar-Marke durchbrochen und eine beachtliche Rally hingelegt hat. Allerdings sind gerade höhere Zinsen und Renditen nicht das ideale Umfeld für Gold, weil es keinen Zinsertrag einbringt. Als Inflationsschutz gibt es bessere Alternativen wie etwa inflationsgeschützte Anleihen, dividendenlastige Aktien oder Immobilien. Auch Notenbanken werden ihre Gold-Rekordkäufe nicht im selben Ausmaß weiterverfolgen können.