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Mit Nachhaltigkeit der Inflation trotzen

März 2023
Produkte von Unternehmen, die innovative und kostengünstige Lösungen anbieten und damit inflationären Trends entgegenwirken, dürften stärker nachgefragt werden, erklärt Jan Rabe, Leiter Nachhaltigkeit bei DJE Kapital AG.
DJE Kapital AG
Jan Rabe, DJE Kapital AG

Die anhaltende Inflation bei Löhnen, der Beschaffung von Rohstoffen sowie der Produktion von Energie begünstigt branchenübergreifend eine Umlenkung von Finanzmitteln in Transformationsinvestitionen, die dem Kostendruck langfristig entgegenwirken, meint Jan Rabe, Leiter Nachhaltigkeit bei DJE Kapital AG, in seinem Kommentar.

Während eine weltweit unsichere konjunkturelle Lage Wirtschaftsakteure eher von Neuinvestitionen abhält, begünstigen insbesondere strukturelle Veränderungen in der Demografie, Energiepolitik und -sicherheit sowie ein alternder Kapitalstock Technologien, die auf Kostensenkung und Produktivitätsgewinne ausgerichtet sind. Unternehmen, die dies ermöglichen und zugleich von hohen Markteintrittsbarrieren und attraktiven Rendite-Risiko-Profilen profitieren, können einen positiven Beitrag zur Transformation in eine nachhaltig ausgerichtete Wirtschaft liefern.

DREI TECHNOLOGIEN, DIE DEFLATIONÄRE KRÄFTE FREISETZEN KÖNNEN

Die durch die Covid-Pandemie verursachten Engpässe in den globalen Lieferketten, zunehmende geopolitische Spannungen als auch ein stärkerer Fokus auf Energiesicherheit haben das jahrzehntelange deflationäre Narrativ der Weltwirtschaft auf den Kopf gestellt. Auch wenn die jüngste Entspannung in den Lieferketten zu einer gewissen Abschwächung der Inflation beigetragen hat, bleibt doch die Angst vor anhaltend hohen Konsumentenpreisen. Produkte von Unternehmen, die innovative und kostengünstige Lösungen anbieten und dadurch inflationären Trends entgegenwirken, dürften stärker nachgefragt werden. In der Vergangenheit trugen eine Reihe von Technologien und Sektoren dazu bei, Preise dauerhaft zu senken, wie es beispielsweise bei der Software- und Hardwareentwicklung oder der Unterhaltungselektronik der Fall war.

Andere, wie etwa Bildung, Gesundheitsfürsorge oder Immobilien, waren dagegen durchweg von inflationären Entwicklungen bestimmt. Dies liegt unter anderem daran, dass diese Gruppe technologische Fortschritte nur schwer ausreichend skalieren konnte. In diesem Kontext lassen sich drei deflationäre Technologietrends identifizieren, die Entlastung für Unternehmen und Konsumenten bringen können: Der Aufstieg der Künstlichen Intelligenz (KI), erneuerbare Energien sowie das Speichern von Energie und dessen Bedeutung für die Elektromobilität.

1. KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

Der Wettlauf um die KI-Überlegenheit – teilweise getrieben durch den Wunsch nach nationaler und unternehmerischer Innovationsführerschaft – beschleunigt sich rasant. Gleichzeitig hat die Hardware, die für solche Ergebnisse benötigt wird, deutlich an Qualität hinzugewonnen. Der US-amerikanische Technologieriese Microsoft kündigte erst kürzlich an, sein in Kooperation mit Open AI entwickeltes KI-Modell ‚Chat GPT‘ (GPT = Generative Pre-trained Transformer) in seine Suchmaschine ,Bing‘ zu integrieren und damit die Online-Recherche revolutionieren zu wollen.

Nutzer von ‚Bing‘ haben so künftig die Möglichkeit, Suchabfragen zu optimieren und Kosten gegenüber alternativen Dienstleistern einzusparen. Microsoft möchte damit Marktanteile in diesem Geschäftsbereich von seinem Rivalen Alphabet, dem Google-Mutterkonzern, zurückgewinnen. Zu den Unternehmen, die ebenso an KI-basierten Technologietrends arbeiten, gehört neben Microsoft vor allem der US-amerikanische Entwickler für Grafikprozessoren (GPU) und Chipsätzen Nvidia, der im Rahmen einer mehrjährigen Zusammenarbeit mit Microsoft gemeinsam an KI-Modellen forscht. So soll einer der weltweit leistungsfähigsten KI-Supercomputer entstehen, der die Cloud-Computing-Infrastruktur von Microsoft Azure mit Nvidias GPUs kombiniert.

2. SAUBERE ENERGIEN

Die internationale Energieagentur (IEA) war in der Vergangenheit durchweg pessimistisch in Bezug auf die Möglichkeit, dass die Solar-Photovoltaik-Technologie jemals billig genug sein könnte, um die Nachfrage des Massenmarktes zu bedienen. Tatsächlich unterschätzte die IEA mit ihren Prognosen die installierte Basis an Megawattstunden erzeugter Energie der entsprechenden Anlagen über die letzten 15 Jahre. Mit jedem Anstieg der installierten Basis um eine logarithmische Größenordnung sind die Produktionskosten einer Megawattstunde, die durch Photovoltaik erzeugt wurde, bereits um 36 Prozent gefallen. In ähnlicher Weise sind die Produktionskosten für eine Megawattstunde Energie aus Offshore-Wind um zehn Prozent und aus Onshore-Wind um 23 Prozent gesunken. Neben Energieversorgern, die ausschließlich Solar- und Windparks betreiben, wachsen vor allem die Umsätze von Unternehmen wie Vestas (Dänemark) oder First Solar (USA), die Schlüsselkomponenten für diese Parks liefern.

3. ENERGIESPEICHERUNG UND ELEKTROMOBILITÄT

Die Kosten für Batteriespeicher sinken seit einiger Zeit aufgrund eines stärkeren Wettbewerbs um entsprechende Endmärkte und wegen ehrgeiziger Emissionsreduktionsziele auf nationaler Ebene. Da die hierfür benötigten Lieferketten noch nicht ausgereift sind, werden sich erfahrungsgemäß weitere Kostensenkungen durch deren Entwicklung realisieren lassen können.

Unternehmen, die bereits heute erfolgreiche Geschäftsmodelle zur Produktion von Energiespeichern in Zusammenarbeit mit der Automobilindustrie etabliert haben, sind Kempower aus Finnland und Alfen aus den Niederlanden. Mit der steigenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen steigt auch die Nachfrage nach stationären und mobilen Ladestationen für die Batterien der Fahrzeuge. Insbesondere der Beschluss des EU-Parlaments, keine Pkw mit Verbrennermotoren nach 2035 zuzulassen, könnte für die Nachfrage nach Ladestationen weiteren Aufwind bedeuten.