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Nachhaltige Fonds: Regulierung als Zugpferd

März 2023
Zwei neue Studie von Morningstar zeigen: Die Umbenennung von ESG-Fonds führte zu erhöhten Zuflüssen während des Rebrandings. Artikel 9-Fonds verzeichneten jedoch die niedrigsten Zuflüsse aller Zeiten.
Morningstar
Hortense Bioy, Morningstar

Fondsgesellschaften haben in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an ESG-Fonds aufgelegt oder bestehende Strategien in nachhaltige umgewandelt. In vielen Fällen haben sie zudem Fonds umbenannt und den Namen mit ESG-bezogenen Begriffen ergänzt. Mit den regulatorischen Vorgaben nach dem Start des EU-Aktionsplans stieg die Rebranding-Aktivität sprunghaft an und erreichte im März 2021 nach der Einführung der EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) einen Höhepunkt.

In einer aktuellen Studie hat der Finanzdienstleister Morningstar untersucht, ob und wie die Umbenennung zu einer Verbesserung der Fondsströme und ESG-Profile führt. Die wichtigsten Ergebnisse sind wie folgt:

Umbenannte nachhaltige Fonds verzeichnen einen deutlichen Anstieg der Zuflüsse in den Monaten vor und nach der Umbenennung. Danach verlangsamen und stabilisieren sich die Zuflüsse wieder.

Umbenannte Fonds reduzieren ihr Engagement in umstrittenen Bereichen wie Waffen, Tabak oder fossile Brennstoffe, bevor sie ihren Namen ändern. Nach der Umbenennung bleibt das Engagement in diesen Bereichen weitgehend unverändert, liegt aber höher als bei nicht-umbenannten nachhaltigen Fonds.

Umbenannte Fonds verzeichneten in den zwölf Monaten vor dem Rebranding im Schnitt Nettoabflüsse, in den neun Monaten danach Nettozuflüsse. Dann gingen die Zuflüsse wieder zurück, so das Ergebnis für 975 umbenannte Fonds zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 30. November 2022.

„Die Umbenennung von Fonds ermöglicht es Fondsgesellschaften, ihr ESG-Angebot auf der Grundlage bestehender Fonds zu erweitern, ohne sie komplett neu auflegen zu müssen. Fonds können so aus einem schrumpfenden Segment abgezogen und in einem dynamischeren neu positioniert werden“, erklärt Boya Wang, ESG-Analyst bei Morningstar. „Wachsende Bedenken über Greenwashing haben Regulierungsbehörden dazu veranlasst, neue Offenlegungs- und Benennungsregeln einzuführen oder zu planen und die Verwendung des Wortes ‚nachhaltig‘ oder verwandter Begriffe an strenge Kriterien zu knüpfen.“

FOLGEN DER EU-OFFENLEGUNGSVERORDNUNG

In einer weiteren Studie hat Morningstar das sich schnell entwickelnde Angebot an Artikel 8- und Artikel 9-Fonds (Teil der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor, oder Sustainable Finance Disclosure Regulation, kurz SFDR) sowie Mittelflüsse, Vermögenswerte und Produkte untersucht. Die wichtigsten Ergebnisse des Berichts „SFDR Artikel 8- und Artikel 9-Fonds: Rückblick 4. Quartal 2022″ sind:

Artikel 8-Fonds schrieben im vierten Quartal 2022 wieder schwarze Zahlen und sammelten netto 10,7 Milliarden Euro an neuen Kundengeldern ein. Artikel 9-Fonds verzeichneten mit 5,1 Milliarden Euro die niedrigsten Zuflüsse aller Zeiten, was teilweise auf die jüngste Welle an Herabstufungen zurückzuführen ist.

Seit September letzten Jahres änderten rund 420 Produkte ihren SFDR-Status, darunter 307, die von Artikel 9 auf Artikel 8 heruntergestuft wurden, was 175 Milliarden Euro an Vermögenswerten bzw. 40 Prozent der Artikel 9-Kategorie entspricht. Es werden weitere Neueinstufungen erwartet, da neue Prospekte erstellt werden.

Nur etwas mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Artikel 8-Fonds, die sich als „nachhaltig“ bezeichnen, entspricht der von der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde vorgegebenen Namensregeln, während die überwiegende Mehrheit (92 Prozent) der Artikel 9-Fonds die Anforderungen erfüllt.

Hortense Bioy, Global Director of Sustainability Research, Morningstar, kommentiert: „Fast zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der SFDR befindet sich die Welt der in der EU als grün vermarkteten Fonds in einem radikalen Wandel. Wir erwarten, dass die jüngste Welle von Herabstufungen von Artikel 9-Fonds anhalten wird, was die Frage aufwirft, was übrig bleiben und wie nützlich die Kategorie sein wird. Die Anleger werden zunehmend über Artikel 8 und Artikel 9 hinausblicken und sich stattdessen darauf konzentrieren, wie stark Fonds in nachhaltigen Investments engagiert sind, was für beide Kategorien gilt.“