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Risiken erklären

Printausgabe | Oktober 2023
Österreicher sichern Lebensrisiken unterschiedlich ab. Eine Risiko-Typologie hilft, Kunden richtig „abzuholen“, um existenzielle Gefahren zu vermeiden.
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Viele Österreicher leben mit erheblichen Risiken ohne jegliche finanzielle Absicherung. So jedenfalls lassen sich die Ergebnisse einer repräsentativen Studie der Vienna Insurance Group interpretieren, in der die Risikokompetenz der Menschen in neun Ländern Zentral- und Osteuropas untersucht wurde. Nicht unerwartet sind hierzulande die Absicherung des Wohnbereichs und des Haftungsrisikos bei selbstverschuldeten Unfällen am weitesten verbreitet. Gleichwohl verzichtet etwa jeder Dritte bzw. jeder Zweite auf einen solchen Versicherungsschutz. Außerdem sichern sich gerade einmal 43 Prozent gegen das Risiko ab, schwer zu erkranken, 32 Prozent für den Fall des Arbeitkraftverlustes und lediglich 13 Prozent gegen die finanziellen Folgen eines Internetbetrugs.

Laut Studie gibt es vor allem drei Gründe, die dazu führen, dass sich Menschen gegen Versicherungen zur Risikodeckung entscheiden: 1. Sie agieren vorsichtig und meinen, die Risiken im Griff zu haben – frei nach dem Motto: Ich passe auf, dann passiert mir das erst gar nicht. 2. Sie haben finanzielle Rücklagen gebildet, die im Ernstfall ausreichen sollen. 3. Sie nehmen an, dass Schäden zumindest teilweise vom Staat bzw. der Gesellschaft getragen werden. Dabei steigt mit der Höhe des zu erwartenden Schadens die Erwartungshaltung, dass die öffentliche Hand die Kosten übernimmt. Bleibt die Frage, wie sich diese Fehlannahmen erklären lassen?

Vier Risikotypen unterscheiden

Die Studienverfasser haben hierfür eine Typologie entwickelt, die vier Risikotypen unterscheidet. Demnach ist in Österreich etwa jeder Dritte ein „Rationaler“ oder „Verdränger“. Letztgenannter unterdrückt belastende Emotionen und vermeidet stressauslösende Situationen. Dieser Risikotyp hat grundsätzlich Verständnis für Finanzen, lässt sich aber auf dieser Ebene nur schwer ansprechen. Der „Rationale“ ist hingegen gelassen und davon überzeugt, sein Leben selbst in die Hand nehmen zu können und sucht aktiv nach Problemlösungen. Trotz eines nur schwach ausgeprägten Risikobewusstseins und der Bereitschaft Risiken einzugehen, sind die Bewältigungsstrategien durchaus effektiv, auch weil solide Finanzkenntnisse vorhanden sind.

Jeder Fünfte ist den „Unsicheren“ zuzurechnen, die sich oft zwanghaft mit unangenehmen Emotionen beschäftigen und versuchen, ihre Risiken im Griff zu behalten. Entsprechend ist ihr Risikobewusstsein hoch, es mangelt jedoch an der Kompetenz, damit angemessen finanziell umzugehen. Ihre Strategien zur Risikobewältigung sind daher nur punktuell effektiv. Am geringsten vertreten sind die „Hochängstlichen“. Sie reagieren oft impulsiv, neigen gar zu Überreaktionen. Ihr Risikobewusstsein ist zwar überdurchschnittlich hoch, die Bewältigungsstrategien im Gegenzug aber ineffektiv.

Diese Differenzierung nach Risiko-Typen offenbart, wie unterschiedlich Menschen mit Risiken umgehen und dementsprechend verschieden darauf angesprochen werden müssen. Die Kundenberatung basiert zwar längst auch auf Risikoprofilen, zumal ansonsten eine individuelle haftungssichere Betreuung nicht möglich wäre. Gleichwohl zeigt die mangelnde Risikokompetenz in der Bevölkerung, dass hier noch viel Luft nach oben ist. Daher könnte es helfen, diese Typologie auch für die Beratung zu nutzen, um den Kunden, ganz gleich wie er „tickt“, zumindest gegen existenzbedrohende Risiken zu seiner eigenen Sicherheit abzusichern.