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Vorteil Preissetzungsmacht

Oktober 2022
Erst die Pandemie, dann der Ukraine-Krieg mit den sprunghaft gestiegenen Energiekosten und die galoppierende Inflation. Hinzu kommen Lieferengpässe und ebenfalls erhöhte Rohstoffkosten: Die Lage an den Börsen ist deutlich ruppiger geworden.
Shareholder Value Management AG
Frank Fischer, Shareholder Value Management AG

Da nutzen auch alle Stützungs- und Hilfsprogramme der Regierungen wenig. Denn gerade die Energiepreise spielen zuweilen verrückt: Innerhalb weniger Minuten steigt der Strompreis um 200 Euro. Wenig später geht es im gleichen Maße wieder bergab. Für die Unternehmen ist es unheimlich schwer, dies zu kalkulieren – vor allem mittel- und langfristig. Erste Opfer gibt es bereits: So mussten der Toilettenpapierhersteller Hakle und die Bäckereikette Goldjunge wegen gestiegener Rohstoff- und Energiepreise Insolvenz anmelden. Die Kosten konnten nicht an die Kunden weitergereicht werden.

Trotzdem wollen immer mehr Firmen ihre Preise in den kommenden Monaten erhöhen, wie das Ifo-Institut ermittelt hat. Vor allem in den konsumnahen Branchen müssen die Verbraucher mit immer weiter steigenden Preisen rechnen. Dies gilt vor allem für den Einzelhandel. Viele Zulieferbetriebe verfügen ebenfalls über Preissetzungsmacht, schließlich geht es ohne ihre Komponenten bei der Fertigung oft nicht weiter.

„Burggräben“ geben strategische Vorteile

Auch wenn die Konsumenten dies nicht gerne hören: In der heutigen Zeit ist Preissetzungsmacht einer der wichtigsten Wettbewerbsvorteile von Unternehmen – und war auch schon immer eines der wichtigsten Kriterien bei der Aktienauswahl für unseren Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und den jüngst aufgelegten Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value. Und dies nicht erst seit der Krise. Denn Unternehmen, die für unsere Portfolios interessant sind, haben einen sogenannten Burggraben um ihr Geschäftsmodell aufgebaut. Zu den häufigsten Burggräben gehört die Kostenführerschaft, wenn das Unternehmen zu niedrigeren Herstellungskosten produzieren kann als seine Wettbewerber. Dabei wirken häufig Skaleneffekte. Sie treten ein, wenn es gelingt, die Produktionsmenge bei annähernd gleichbleibenden Kosten zu steigern und so die Kosten pro hergestellte Einheit zu senken. Konsumgüterhersteller etwa nutzen bestehende Produktionsstätten und Vertriebswege häufig für mehrere Produktlinien und halten damit die Kosten niedrig.

Geringere Volatilität bei Qualitätsaktien

Bedeutsam sind auch Netzwerkeffekte und Wechselkosten. Letztere verhindern die Abwanderung von Kunden zur Konkurrenz. Der Wechsel des IT-Anbieters kann etwa unattraktiv werden, wenn beim neuen Anbieter höhere Wartungskosten anfallen oder Updates nicht mehr zur Verfügung stehen. Netzwerkeffekte entstehen, wenn der Nutzen eines Gutes oder einer Dienstleistung für den Einzelnutzer mit steigender Nutzerzahl zunimmt. Internetplattformen wie unsere Portfoliounternehmen Meta oder Alphabet verfügen über solche Netzwerkeffekte.

Klar, auch solche Unternehmen müssen die hohen Energiekosten verkraften. Und selbstverständlich geht auch die hohe Inflation nicht spurlos an ihnen vorbei. Doch ein hoher Free Cash Flow und eine geringe Verschuldung lassen diese Unternehmen besser durch die Krise kommen als viele ihrer Konkurrenten. Deshalb suchen wir ständig nach solchen Qualitätsunternehmen, die ihre Wettbewerbssituation ausnutzen können, um höhere Preise an ihre Kunden weiterzugeben. Diese Fähigkeit wird an der Börse belohnt.