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Wie Anleger der hohen Inflation ein Schnippchen schlagen

Printausgabe | August 2022
Für Anleger wird es schwieriger, ihr Vermögen zu erhalten oder gar zu mehren. Die Inflation ist auf dem Vormarsch, die Zinsen steigen zwar, bleiben aber noch länger niedrig. Aktien mit hohen Dividendenrenditen sind eine Antwort auf diese schwierige Gemengelage.
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Schon im Mai 2020 hatte Börsenlegende Warren Buffett auf der Hauptversammlung seiner Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway gewarnt: „Wir erleben eine substanzielle Inflation. Unsere Lieferanten erhöhen die Preise, wir erhöhen die Preise, und alles wird einfach akzeptiert.“

Gleichzeitig werden Arbeitskräfte knapp, die Stundensätze steigen. In den USA lag die Teuerungsrate zuletzt bei fast acht Prozent. Dazu kommt noch die negative Auswirkung des demografischen Faktors: Immer mehr Beschäftigte gehen in Rente, das Fachpersonal wird immer teurer. Erleben wir zusätzlich zum Preis- auch einen Lohndruck und schwächt sich das Wirtschaftswachstum weiter ab, so tritt das ungünstigste Szenario ein, das man sich denken kann, nämlich eine Stagflation.

Die Lösung: Dividendenfonds

Für Anleger stellt sich die Frage, wie sie sich positionieren sollen, um die Kaufkraft zu erhalten. Investmentguru Buffett sieht – wenig überraschend – neben Immobilien vor allem Aktien als geeigneten Inflationsschutz an. Damit die Dividende die Geldentwertung dauerhaft ausgleichen kann, sind für das Orakel von Omaha zwei Voraussetzungen nötig: Die Unternehmen sollten erstens in der Lage sein, ihre Preise entsprechend der Inflationsrate zu erhöhen, ohne dabei Geschäft zu verlieren. Der zweite zentrale Punkt sind die potenziellen Kapitalkosten.

Das im inflationären Umfeld erzielbare zusätzliche Geschäft muss größer sein als der Anstieg der Investitionskosten. Daher ist die Strategie von Dividendenfonds, also Investmentfonds mit expliziter Dividenden-Strategie, darauf ausgerichtet, auf Unternehmen mit Preismacht und guter Profitabilität sowie starkem Cashflow und hoher Substanz zu setzen. Für Anleger sollte sich dies lohnen, wie auch eine Studie der Investmentgesellschaft Allianz Global Investors (AGI) zeigt: Demnach werden die Dividendenausschüttungen 2022 in Europa einen Rekord aufstellen. AGI prognostiziert einen Anstieg in Europa um 8,2 Prozent auf rund 410 Milliarden Euro.

langfristige bedeutung

Noch klarer zeigt sich die Bedeutung von Dividenden in der Langfristbetrachtung. Dividenden verleihen vielen Portfolios Stabilität, vor allem in Jahren mit negativer Kursentwicklung, da sie dann Kursverluste ganz oder teilweise kompensieren können. Berechnungen von AGI zufolge liegt die durchschnittliche Aktienvolatilität von Dividendenzahlern signifikant und systematisch unter jener der Nicht-Zahler – das sind für die europäischen Aktienmärkte stolze zehn Prozentpunkte Unterschied. Denn in Europa ist die Dividendenkultur im Vergleich zu den USA und Asien stärker ausgeprägt. Im Zeitraum 1976 bis Ende 2021 waren hier ungefähr 34 Prozent der gesamten Aktienerträge auf Dividenden zurückzuführen.

Sam Witherow, Fondsmanager des JPM Global Dividend Fund, setzt auf Qualitätsunternehmen – also solche mit starken Bilanzen und hohem Free Cashflow. „Diese können regelmäßige Ausschüttungen aufrechterhalten. Dies schließt Unternehmen aus den Bereichen Technologie und Gesundheitswesen ein. Zudem muss der Verschuldungsgrad niedrig, die Substanz hoch sein.“ Doch die Dividende ist nicht alles.

Das JPM-Portfolio ist eine gute Mischung aus: „Stable High Yielders“ – diese Aktien bieten eine Dividendenrendite, die weit über dem Marktdurchschnitt liegt und eine solide Ertragsbasis für das Portfolio darstellt. Typischerweise gehören dazu etablierte Unternehmen aus stabilen Branchen wie Telekommunikation, Immobilien und Versorger. Dann die „Compounders“, die geringere Dividendenzahlungen haben, aber in der Regel eine lange Erfolgsgeschichte stetig wachsender Dividenden aufweisen, etwa im Gesundheitswesen und dem Basiskonsumgüterbereich. Last, but not least „High growth“. Diese Aktien haben eine niedrige laufende Rendite, aber es wird erwartet, dass sie durch deutlich steigende Ausschüttungen und die zyklische Erholung der Gewinne ein überdurchschnittliches Kapital- oder Ertragswachstum bieten, wie z. B. Finanzdienstleister.

Denise Kissner, Produktspezialisten Aktien DWS, weist auf eine wichtige Marktentwicklung hin: „Mit hohen Inflationsraten und gestiegenen Renditen bei Staatsanleihen hat sich das Bild am Aktienmarkt gewandelt und einen Favoritenwechsel eingeläutet.“ Dies spiegelt sich auch in der Wertentwicklung des DWS Top Dividende wider. Seit Jahresanfang verzeichnet der Fonds eine einstellige positive Wertentwicklung, während der breite Aktienmarkt (MSCI World-Index) rund zweistellig im Minus liegt. Zudem kann der Fonds mit deutlich niedrigeren Schwankungen gegenüber dem Gesamtmarkt und einer bis dato sehr positiv verlaufenden Dividendensaison aufwarten. Die Strategie beim DWS Top Dividende geht dahin, nur in Aktien von Unternehmen zu investieren, bei denen die Dividendenrendite in einem angemessenen Verhältnis zur Gewinnentwicklung steht und die das Potenzial haben, langfristig ihre Dividende regelmäßig zu steigern.

Fokus auf Qualität

Auch Ludwig Palm, Fondsmanager des Flossbach von Storch – Dividend R, kann zufrieden sein, denn der Fonds erzielte seit dem Beginn der Corona-Pandemie Mitte Februar 2020 eine Performance von 17,4 Prozent. Damit zählt das FvS-Produkt zu den besten zehn Prozent der Vergleichsgruppe. Er setzt vor allem auf Qualität. „Unternehmen mit hoher Ertragsresilienz und einem guten Management schaffen es, ihr Geschäft auch in schwierigem Fahrwasser erfolgreich zu steuern.“ Das gelte vor allem für Dividendenaristokraten, die ihre Ausschüttungen in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder steigern konnten. Und Palm zeigt sich kompromisslos: „Langfristig folgt die Dividende der ökonomischen Entwicklung des Unternehmens und nicht umgekehrt. Dabei definieren wir Qualität im Kern als die Fähigkeit, eine hohe Rendite auf das eingesetzte Kapital zu erwirtschaften. Diese Profitabilität muss geschützt sein durch Attribute eines nachhaltigen Schutzwalls und das Unternehmen sollte Raum haben, um zu wachsen.“

Stuart Rhodes, Manager des M&G (Lux) Global Dividend Fund, hat eine klare Ansicht zur Zinsentwicklung: „Wir sind der Ansicht, dass die Geldpolitiker schon seit einiger Zeit der Zinskurve hinterherhinken und konnten im Segment der extrem unterbewerteten Value-Titel von der Bewertungsverschiebung weg von hoch bewerteten Growth-Aktien profitieren – etwa bei Energiewerten.“ Andererseits sei auch die starke Gewichtung des Gesundheitssektors zugute gekommen, der inmitten der Marktkorrektur relative Stabilität unter Beweis stellte. „Was unsere Investmentstrategie anbetrifft, so legen wir den Fokus stärker auf Titel mit starkem Dividendenwachstum und weniger auf solche mit relativ hoher Dividende aber geringem Wachstum. Wir schätzen bei der zuerst genannten Aktienkategorie die Kapitaldisziplin und die längerfristigen Wachstumschancen“, erläutert der Fondsmanager. Allerdings achtet Rhodes auch auf die Bewertung. Das Dividendenwachstum sollte noch nicht im aktuellen Aktienkurs reflektiert sein.

Starker Zinseszinseffekt

Stefan Breintner, Leiter Research und Portfoliomanagement sowie Co-Fondsmanager unter anderem des DJE – Dividende & Substanz bei der DJE Kapital AG, meint zur jüngsten Fondsentwicklung: „Unsere Dividendenstrategie hat sich seit Beginn der Corona-Pandemie erfolgreich entwickelt. In diesem Zeitraum hat der Fonds besser abgeschnitten als der deutsche und europäische Markt. In der Hochphase der Corona-Krise hat der Fonds deutlich weniger verloren als der Markt, an der ab April 2020 einsetzenden Erholung an den Märkten konnten wir hingegen partizipieren.“

Breintner weiter: „Wir streben generell immer eine attraktive und tragfähige Dividendenausschüttung an.“ Ein besonderer Fokus liege darauf, dass die Dividendenzahlung der Unternehmen stets durch die freie Mittelgenerierung, den sog. freien Cashflow, gedeckt sei, also die Fähigkeit der Unternehmen, die Dividende auch wirklich zu erwirtschaften. Konsequenterweise stehe auch die Ausschüttungsquote stark im Fokus: „Im Schnitt der letzten Jahre hatten die Unternehmen im Fonds eine durchschnittliche Ausschüttungsquote von 40-60 Prozent bezogen auf den Nettogewinn“, so Breintner. „Unternehmen mit solchen Ausschüttungsquoten sind generell in der Lage, auch in Jahren, in denen ihr Gewinn zurückgeht, die Ausschüttung bzw. die Dividende mindestens stabil zu halten“, ergänzt Breintner. Was den allgemeinen DJE-Investmentprozess angeht, folge die Titelauswahl unter Berücksichtigung des Dividendenaspekts konsequent dem sechsstufigen Titelauswahlprozess der DJE-Kapital AG. Dieser umfasse die Kategorien Analysteneinschätzung, Unternehmensgespräch, Nachhaltigkeits-/ESG-Kriterien, Bewertung, Momentum sowie Sicherheit & Liquidität.

Und zur Bedeutung der Dividenden erklärt der Co-Fondsmanager: „Dividendenstarke Aktien stellen eine Quelle stetiger Erträge dar. Die Bedeutung von Dividendenzahlungen wird häufig unterschätzt. Dividenden liefern langfristig oftmals den höchsten Beitrag zur Gesamtperformance einer Aktienanlage, denn reinvestierte Dividenden erzielen einen beachtlichen Zinseszinseffekt.“ Für den DJE – Dividende & Substanz sei allerdings nicht die höchste Dividendenrendite entscheidend, sondern vor allem eine stetige und idealerweise steigende Dividendenzahlung. Breintner resümiert: Analysen haben gezeigt, dass dividendenstarke Werte in schwierigen Marktphasen eine stabilere Anlageform sein können als dividendenschwache Papiere, da eine Dividende als Puffer vorübergehende Kursverluste abmildern kann.“