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2023: Alles nicht so schlimm?

Dezember 2022
Auch wenn die Inflation nur langsam sinkt, erwarten die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking, dass die Phase der Leitzinserhöhungen der Fed und der EZB im Sommer 2023 ihren Höchststand erreicht.
Steiermärkische Sparkasse
Alexander Eberan (li.); Sieglinde Klapsch (re.)

2022 war kein Jahr für schwache Nerven. Wird sich der Dauerkrisenmodus mit Inflation, Energiekrise, wirtschaftlicher Unsicherheit und Krieg auch 2023 fortsetzen? Selten zuvor gab es so viele Risikofaktoren für die Finanzmärkte, allen voran der Anstieg der Leitzinsen infolge der hohen Inflation, denn 2022 war das Jahr der Zinswende, meinen die Experten der Steiermärkischen Sparkasse in ihrem Marktausblick.

Bevor es zu Ende geht, erhöhten die Europäische Zentralbank EZB, die US-Notenbank Fed und die Bank of England (BoE) in dieser Woche noch einmal die Zinsen um jeweils 0,5 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent (EZB), 4,5 Prozent (Fed) und 3,5 Prozent (BoE).

Erste Hoffnungsschimmer zeichnen sich bei der Inflationsentwicklung in den USA ab, wo die straffere Geldpolitik allmählich Wirkung zeigt und die Teuerung zuletzt weniger stark als erwartet gestiegen ist. Die Volatilität an den Märkten werde voraussichtlich hoch bleiben, schreiben die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking im jüngsten Marktkommentar, somit werde die Geldanlage auch weiterhin alles andere als langweilig sein.

ZINSEN ERREICHEN HÖHEPUNKT

Dem Wachstum der Weltwirtschaft steht vermutlich eine weitere Eintrübung bevor, doch die Vorzeichen sind besser als es noch vor ein paar Monaten im Raum stand. Der konjunkturelle Einbruch in der Eurozone dürfte nach derzeitigen Prognosen weniger stark als befürchtet ausfallen. Einer der maßgeblichen Gründe: Die Gas- und Strompreise sind zuletzt leicht gesunken, von einer Notlage spricht niemand mehr. Noch sind die Energiepreise aber so hoch, dass sie die Inflation, die vor allem in den USA auch durch andere Faktoren wie den angespannten Arbeitsmarkt getrieben wird, auf einem hohen Niveau halten werden. Ihren Höhepunkt dürfte die Teuerung in den USA aber bereits im Spätherbst 2022 erreicht haben. Sie dürfte nun langsam sinken und im Laufe des nächsten Jahres unter 6 Prozent fallen. In Europa sollte die Inflation ab dem Frühjahr 2023 allmählich nachgeben und im kommenden Jahr für die Eurozone bei 7,5 Prozent liegen. Beides liegt aber fern dem Inflations-Ziel der Notenbanken, die einen Wert von 2 Prozent anpeilen.

Dennoch: Auch wenn die Inflation nur allmählich sinkt, erwarten die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking, dass die Phase der Leitzinserhöhungen der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) im Sommer des nächsten Jahres ihren Höchststand erreicht. Bei den Anleihekursen wird der Markt diese Entwicklung vorweg nehmen und insbesondere die US-Anleiherenditen dürften bereits im ersten Halbjahr ihren maximalen Wert erreichen. Es wird erwartet, dass sich der Renditeanstieg auch in der Eurozone in der zweiten Jahreshälfte einbremst.

BERUHIGUNG AM RENTENMARKT

Eine Perpetuierung des „annus horribilis“ am Rentenmarkt, wie das heurige Jahr 2022 häufig genannt wird, dürfte nicht eintreten. Mit der Zinswende waren die Anleihekurse der bereits emittieren Anleihen in diesem Jahr stark gefallen und die Renditen entsprechend gestiegen. Europäische Unternehmensanleihen mit „Investment Grade“ rentieren aktuell mit 3,8 Prozent, US-amerikanische sogar mit 5,08 Prozent. Europäische Hochzinsanleihen (High Yield) bringen 7,4 Prozent Rendite und US-amerikanische 8,8 Prozent. Für das kommende Jahr erwarten die Experten eine leichte Ausweitung der Risikoaufschläge für diese hochverzinslichen Wertpapiere, während bei Investment Grade-Anleihen stabile Risikoaufschläge wahrscheinlich sind. Die größte Gefahr für den Rentenmarkt ist, dass die erwarteten Zinserhöhungen in den USA und in Europa nicht ausreichen. Sollten größere Zinsschritte als erwartet nötig werden, um die Inflation einzudämmen, könnte ein Ausverkauf am Rentenmarkt drohen.

KONSEQUENT BLEIBEN

Aktien bleiben aufgrund niedriger Bewertungen bei stabilen Unternehmensgewinnen weiterhin eine interessante Anlageoption. Obwohl das kommende Jahr wirtschaftlich wohl eher herausfordernd wird, spricht für diese Anlageklasse, dass die Börse der Konjunktur vorausläuft. Daher dürfte bereits eine leichte Rezession eingepreist sein. Sobald sich eine wirtschaftliche Erholung abzeichnet, sollten die Kurse wieder steigen. Kurzfristige Rücksetzer könnten gute Einstiegschancen bieten. Zyklische, also konjunkturabhängige Aktien sollten sich besser als der Markt entwickeln. Das hängt unter anderem mit den immens hohen Investitionen zusammen, die für die grüne Transformation der Wirtschaft notwendig sind. Ein genauer Blick auf Themen wie Künstliche Intelligenz, Elektromobilität oder Cybersecurity dürfte für Anleger ebenso lohnend sein.

Wer konsequent seiner Anlagestrategie und nicht dem Herdentrieb folgt, liegt in der Regel nicht falsch. Das heißt konkret: langfristig Investieren und Aufbauen eines diversifizierten Portfolios über Anlageklassen hinweg. Dieser Ratschlag ist zwar nicht neu, aber bei wirtschaftlichem Gegenwind ist die Rückbesinnung auf das Wesentliche nützlicher denn je.