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Die Zukunft der Energieversorgung

Februar 2023
Auf der jüngsten Veranstaltung „Fakten und Mythen der Energieversorgung“ des Private Bankings der Steiermärkischen Sparkasse wurden Ursachen für Europas aktuelle Energieproblematik ausführlich analysiert und langfristige Lösungsansätze identifiziert.
Steiermärkische Sparkasse
Gerhard Fabisch, Steiermärkische Sparkasse

Das Thema Energie stand im Zentrum der jüngsten Veranstaltung des „Steiermärkische Sparkasse Private Banking“, für die Universitätsprofessor Karl Rose, Aufsichtsratsvorsitzender der Energie Steiermark und Mitglied des Aufsichtsrates der OMV AG, als Speaker gewonnen werden konnte. Rose arbeitete in verschiedensten Funktionen bei Royal Dutch Shell, war Direktor im Weltenergierat und die letzten fünf Jahre strategischer Berater und Chefstratege der Abu Dhabi National Oil Company.

„Fakten und Mythen der Energieversorgung“ lautete der Titel des Abends, bei dem Gerhard Fabisch, Vorstandsdirektor der Steiermärkische Bank und Sparkassen AG, einleitend daran erinnerte, dass die aktuelle Verteuerung der Energie eine direkte Auswirkung auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft habe und somit „auch der Weg zu den Finanzmärkten ein kurzer sei“. Gleichzeitig nützte Fabisch die Gelegenheit, den neuen Leiter des Private Banking in Graz, Karl Freidl, zu begrüßen und vorzustellen. Freidl übernimmt die Funktion von Sieglinde Klapsch, die Ende Jänner 2023 in den Ruhestand getreten ist.

ENERGIEVERSORGER KAUFEN LANGFRISTIG EIN

Ein zentrales Thema des Vortrages von Rose, war das auch anderswo vielfach hinterfragte Merit Order System zur Preisfindung an den Strommärkten und er machte aus seiner Meinung darüber kein Geheimnis. Die Frage, weshalb dieses System, das aus bilateralen Abkommen zwischen 27 Strombörsen besteht und das jeweils am teuersten produzierende Kraftwerk zur Preisbildung heranzieht, immer noch angewendet wird, quittierte der Energieexperte mit Unverständnis.

Das grundsätzlich über Jahrzehnte funktionierendes Preisfindungssystem sei 2022 an seine Grenzen gestoßen: Der Ausbruch des Ukrainekriegs und die damit verbundenen Probleme bei den Gaslieferungen, das Abschalten französischer Atomkraftwerke aus Wartungsgründen und der geplante Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom in Deutschlands haben die Gaspreise und damit den über die Merit Order gekoppelten Strompreis explodieren lassen. Die aktuell wieder sinkenden Strompreise würden sich erst in rund 1,5 Jahren beim Endkonsumenten bemerkbar machen, da die Energieversorger sich längerfristig schon vorab eindecken, teilweise bis zu 2 Jahre im Voraus.

Die steigenden Energiepreise, und zwar bei allen Produkten, sind mitverantwortlich für die hohe Inflation in Österreich. Die ursprünglichen Auslöser für den Preisauftrieb waren jedoch schon früher zu beobachten, insbesondere die Produktionsverknappungen und Lieferkettenschwierigkeiten während und nach dem Abflauen der Corona Pandemie.

DER GASPREIS BLEIBT HOCH

Die Gaspreise werden auch nach einem Ende des Ukrainekriegs zwei- bis dreimal so hoch bleiben wie vor diesem Konflikt, schätzt Rose, der zugleich meint, dass eine Partnerschaft mit dem wichtigen Gaslieferanten Russland frühestens in 15 Jahren wieder möglich sein werde. Zu diesem Zeitpunkt werde allerdings die Umrüstung auf erneuerbare Energie schon so weit fortgeschritten sein, dass „man das russische Gas nicht mehr braucht“. Allerdings werden zuvor die Auswirkungen auf die europäischen Betriebe massiv sein: „Rund 20 Prozent werden das nicht überleben“, sagte Rose und gibt aber den anderen 80 Prozent gute Chancen: Sie würden innovativ sein und ihre Produktionsprozesse umstellen. „Mittelfristig wird es der EU gelingen, russisches Gas zu substituieren. Auch die Energiepreise werden schon bald wieder zurückgehen, wenngleich eine ungünstige Wettersituation im nächsten Winter 2023/24 wieder für Spannung sorgen kann. Vor solchen Problemen und Preisausschlägen wie im Jahr 2022 werden wir aber nicht mehr stehen.“

KLIMAERWÄRMUNG UND BLACKOUT

Der Kampf gegen die Klimaerwärmung werde zwar viel Geld kosten und daher Verlust an Vermögen bedeuten, dennoch äußerte sich Rose zuversichtlich, dass der Wandel zu schaffen sei. Eine völlige Unabhängigkeit von fossiler Energie sei aus derzeitigen Annahmen und Parametern „bis zum Jahr 2090 zu schaffen“. Die Zukunft gehöre den E-Autos und auch elektrisch betriebenen Flugzeugen. Mit Wasserstoff werden irgendwann eher schwere Fahrzeuge, aber nicht PKWs angetrieben werden, vermutet Rose. Ziemlich gelassen sieht er die Gefahr eines Blackouts. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Stromnetze aufgrund von Überlastung zusammenbrechen, sei heute weit geringer als noch vor einigen Jahren. Sollte ein Blackout eintreten, würde dieser vermutlich einige Stunden dauern, was verkraftbar ist. Dennoch empfiehlt der Experte, stets einen Vorrat an Wasser und Lebensmitteln zu Hause zu haben, um sich im schlimmsten Fall ein paar Tage versorgen zu können.

Abschließend spannte der neue Leiter des Private Banking in Graz, Freidl, nochmals den Bogen zu den Finanzmärkten und den steigenden Leitzinsen bei bereits sinkender Inflation. „Da Kapitalmärkte zukünftige Entwicklungen meistens schon vorwegnehmen, sollte man nicht zu lange mit Investitionen in Anleihen zuwarten. Um längerfristig die Chance zu haben, den Kaufkraftverlust zu kompensieren, sollte man darüber hinaus auch auf eine gesunde Beimischung von Aktien im Depot keinesfalls vergessen.“