Startseite » Investmentfonds » Anlagestrategie » Kann der Klimawandel noch gebremst werden?

Kann der Klimawandel noch gebremst werden?

November 2022
Pauline Grange, Portfoliomanagerin bei Columbia Threadneedle Investments, sieht bei der Energiewende große Fortschritte und geht auf die wichtigsten Entwicklungen ein.
Columbia Threadneedle Investments
Pauline Grange, Columbia Threadneedle Investments

Angesichts des Anstiegs der Erdgas- und Kohlepreise sind saubere Energien heute bei der Inbetriebnahme neuer Kraftwerkskapazitäten weltweit die mit Abstand kostengünstigste Art der Stromerzeugung. „Die Verknappung fossiler Energieträger hat zu einer Beschleunigung der Investitionen in saubere Energie geführt“, stellt Pauline Grange, Portfoliomanagerin Globale Aktien bei Columbia Threadneedle Investments, in einem aktuellen Marktkommentar fest. „In der EU beispielsweise hat der Ausbau der Wind- und Solarenergiekapazitäten dazu geführt, dass zwischen März und September dieses Jahres 24 Prozent des Energiebedarfs durch saubere Energie gedeckt wurde – der höchste Wert, der jemals in einem Sechsmonatszeitraum erreicht wurde.“

POLITISCHE FORTSCHRITTE

Im 3. Quartal seien auch entscheidende Fortschritte bei der politischen Unterstützung für erneuerbare Energien gemacht worden. So habe die indische Regierung einen aktualisierten Klimaplan genehmigt und sich damit verpflichtet, die Emissionsintensität seines BIP bis 2030 gegenüber dem Stand von 2005 um 45 Prozent (von zuvor 33-35 Prozent) zu senken. Dazu sollen bis 2030 50 Prozent der gesamten Stromerzeugung aus nicht-fossilen Energieressourcen – Wind, Sonne, Kernenergie und Wasserkraft – kommen. Der bedeutendste Meilenstein bei der Unterstützung der Klimapolitik wurde Grange zufolge jedoch in den USA mit der Verabschiedung des Inflation Reduction Act (IRA) im August erreicht.

US INFLATION REDUCTION ACT

Durch umfangreiche Steuergutschriften und finanzielle Unterstützung schafft das Gesetz Anreize für den Einsatz sauberer Energien und die Umstellung der Energienachfrage in den Sektoren, die für die Dekarbonisierung der US-Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind. Das Gesetz sieht für die nächsten zehn Jahre mindestens 369 Milliarden US-Dollar an Fördermitteln für erneuerbare Energien, grünen Wasserstoff, Elektrofahrzeuge, Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, energieeffiziente Gebäude und nachhaltige Landwirtschaft vor. „Unter dem Deckmantel der Inflationsbekämpfung durch Zugang zu billiger Energie besteht ein Hauptziel dieser Gesetzgebung darin, die USA ihrem Ziel einer Emissionsreduzierung um 40 Prozent bis 2030 näher zu bringen“, so die Investmentexpertin von Columbia Threadneedle.

HOHE INVESTITIONEN

Unternehmen können mindestens in den nächsten zehn Jahren staatliche Steuergutschriften in Anspruch nehmen. Dadurch werde die wirtschaftliche Attraktivität erneuerbarer Energien und anderer grüner Technologien erheblich gesteigert, was für die Verbreitung dieser Technologien unerlässlich sei. „Da die Steuergutschriften nicht gedeckelt sind und der Multiplikatoreffekt von Bundeszuschüssen und -darlehen zum Tragen kommt, könnten die Gesamtausgaben durch private Investitionen und grüne Finanzierungsprogramme in den nächsten zehn Jahren auf fast 1,7 Billionen US-Dollar steigen.“ Die Förderung der Produktion von grünem Wasserstoff und von Elektromobilität werden Pauline Grange zufolge dafür sorgen, dass die Nachfrage nach erneuerbaren Energien steigt.

NACHRAGESCHUB SCHAFFT CHANCEN

Die USA verfolge mit dem IRA auch das Ziel, grüne Technologien zu fördern und ihre Abhängigkeit von China in den Lieferketten für Solarpanels und Batterien zu reduzieren. Aus Sicht der Expertin könne das Gesetz auch für mehr Investitionen entlang des Lebenszyklus grüner Technologien sorgen. Das Gesetz und der daraus resultierende Wachstumsschub für die Branche dürfte sich positiv auf den US-Versorger Nextera Energy auswirken, der mit 20 Prozent Marktführer im US-Markt für Wind-, Solarenergie und Batteriespeicherung ist. Mit der Verbreitung erneuerbarer Energien wachse auch der Bedarf an Energiespeicherung, um die Schwankungen in Produktion und Verbrauch auszugleichen. Grange sieht hier Batteriehersteller wie die koreanische Samsung SDI gut positioniert, um von der wachsenden US-Nachfrage nach Fahrzeugbatterien und stationären Batteriespeichern zu profitieren.

Die Portfoliomanagerin beobachtet auch, dass weltweit der Widerstand gegen Kernkraft sinke. Das IRA sehe beispielsweise Steuererleichterungen für den Weiterbetrieb von US-Atomkraftwerken mit einer Leistung von 20GW bis 2030 vor, die eigentlich vom Netz genommen werden sollten. Aber auch erneuerbare Energie sind mit Umweltkosten, z. B. für die Produktion von Windrädern und Solarpanels oder Landverbrauch verbunden. Pauline Grange: „Insofern muss der unkontrollierte Energieverbrauch aufhören. Wir alle müssen uns beschränken.“