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KGVs im jungen Bullenmarkt

März 2024
Weshalb die Bewertungen trotz des jüngsten Höhenflugs an den Börse nicht übertrieben sind, erklärt Thomas Grüner, Grüner Fisher Investments.
Grüner Fisher Investments
Thomas Grüner, Grüner Fisher Investments

Sind Aktien noch preiswert? Diese Frage stellen sich aktuell viele Anleger. Nachdem der S&P 500 neue Höchststände erreicht hat, sind Bewertungskennzahlen – insbesondere das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) – wieder in den Schlagzeilen. „Die Aufgabe scheint darin zu bestehen, herauszufinden, ob Aktien in der Nähe der Rekordstände des Index billig oder teuer sind, um so die zukünftige Entwicklung der Märkte zu prognostizieren“, bilanziert Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments. Das Problem mit dieser Logik bestehe darin, dass Bewertungen den Aktienmärkten nicht die Richtung vorgeben würden. Billige Aktien könnten immer billiger und scheinbar teure Aktien immer teurer werden.

„In letzter Zeit liegt das Hauptaugenmerk auf den vorwärts gerichteten KGVs, die auf den Gewinnschätzungen der Analysten für die nächsten 12 Monate basieren“, so Grüner. „Anleger kaufen Aktien wegen ihres Anteils an den künftigen Gewinnen, die die Unternehmen voraussichtlich erzielen werden.“ Vergangene Gewinne könne man nicht kaufen, da diese bereits eingepreist seien.

Bewertungen würden jedoch in der Regel dann Schlagzeilen machen, wenn sie nach irgendeinem willkürlichen Standard hoch seien. So sei es nicht verwunderlich, dass das vorwärts gerichtete KGV des S&P 500, das zum ersten Mal seit zwei Jahren die Marke von 20 überschritten habe, für Aufsehen gesorgt habe. „Aber Bewertungen haben noch nie zukünftige Renditen vorhergesagt – auch nicht vorwärts gerichtete KGVs“, betont Grüner. Im Zeitraum zwischen Mai 2020 und Januar 2022 habe dieses für den S&P 500 durchgehend über 20 gelegen, dennoch habe der US-Index eine Rendite von 63,8 Prozent erreichen können.

DIE REALITÄT ZÄHLT

„Es gibt keine magische Bewertungsschwelle, an der man ablesen kann, wohin sich die Aktienmärkte als nächstes bewegen werden“, erläutert Grüner. Bewertungen seien deshalb so wenig aussagekräftig, weil Aktien die erwarteten Gewinne im Voraus einpreisen würden – weit vor dem Konsens der Analysten. Darin seien sie außerordentlich gut. „Im Endeffekt geht es auch nicht darum, wo die Gewinne waren, sondern wohin sie sich im Vergleich zu dem, was jetzt eingepreist ist, entwickeln – was die aktuellen Bewertungen widerspiegeln“, so der Experte. „Beachten Sie, dass die nachlaufenden Erträge nach wie vor unter ihrem Höchststand von 2022 liegen, während die Aktien neue Höchststände erreichen – in Erwartung eines Anstiegs der zukünftigen Erträge.“ Aktuelle Bewertungen – auch solche, die auf den zukünftigen Gewinnprognosen von Analysten beruhen – könnten nur die gegenwärtigen Überlegungen und Marktbewegungen widerspiegeln, nicht aber das, was die Gewinne tatsächlich tun würden – die Realität. Diese Diskrepanz zwischen Realität und Erwartungen sei es, die Aktien am meisten antreiben würde.

Extreme Bewertungsschwankungen könnten auf starke Stimmungsumschwünge hindeuten, aber selbst dann seien sie kein gutes Timing-Instrument und es gebe keine magische Schwelle. „Da KGVs vergangene Preise berücksichtigen – und vergangene Preise sind nie vorhersehbar – sagen sie nicht aus, wohin sich die Aktienmärkte entwickeln werden“, resümiert Grüner. Grundsätzlich hänge die längerfristige Richtung der Märkte von Faktoren ab, die noch nicht eingepreist seien. „Wie sich die Erträge in den nächsten drei bis 30 Monaten auf der Grundlage neuer, eingehender Informationen im Vergleich zu den gegenwärtigen Wahrnehmungen entwickeln, wird den weiteren Kursverlauf der Aktien bestimmen.“ Irgendwann würden die Erwartungen wahrscheinlich zu hoch sein und zu Enttäuschungen führen. Heute scheine diese Entwicklung jedoch noch nicht so weit fortgeschritten zu sein, denn die Stimmung werde nur allmählich skeptischer. „Wir sind der Ansicht, dass dieser Bullenmarkt noch lange andauern wird, bevor die Gewinnerwartungen übertrieben hoch sein werden“, so Grüner.