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Richtig rüsten für das neue Jahr

Dezember 2022
Zwischen Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation: Rainer Bartusch vom Österreichischen Verbandes Financial Planners geht auf die vier Geld-Vorsätze für 2023 ein.
Rene Hundertpfund
Rainer Bartusch, Öst. Verband Financial Planners

2022 wird als eines der schlechtesten Börsenjahre in die Geschichte eingehen. Die Zero-Covid-Strategie in China und die damit einhergehenden schwierigen Bedingungen bei weltweiten Lieferketten, der Ukraine Krieg und vor allem die stark gestiegene Inflation waren die wesentlichen Einflussfaktoren für die Kursverluste auf breiter Front, konstatiert Rainer Bartusch vom Österreichischen Verbandes Financial Planners und Wealth-Manager bei der Erste Bank. Abgesehen von Energieerzeugern beziehungsweise Ölfirmen sind Aktien in allen Branchen massiv im Minus gerutscht, viele sogar im zweistelligen Bereich. Die Rekordinflation hat die großen Notenbanken in den USA und in Europa zu raschen und hohen Zinsschritten veranlasst, was dazu geführt hat, dass Anleihenmärkte ebenfalls stark verloren haben.

Lediglich konservative Immobilieninvestmentfonds und Rohstoffe wie etwa Gold haben eine positive Wertentwicklung gezeigt. Die Aussichten für 2023 sind Experten zufolge mit viel Unsicherheit behaftet. Für Europa und die USA werden leicht steigende Wirtschaftsleistungen erwartet, in Deutschland wird es zumindest temporär zu einer Rezession kommen. Gute Anzeichen sind hingegen die Beendigung der Zero-Covid-Strategie in China sowie die Erwartung, dass die bisherigen und die noch geplanten Zinsschritte in den USA und in Europa zu einer deutlichen Reduktion der Inflation führen werden, sodass eventuell noch im Jahr 2023 wieder Zinssenkungen vorgenommen werden können. Unabhängig davon, welche der unzähligen Prognosen sich bewahrheitet, sind Konsumenten gut beraten, wesentliche Grundprinzipien zu beachten. Der Österreichische Verband Financial Planners hat vier Neujahrsvorsätze zusammengefasst, die Anleger dabei unterstützen sollen, ihre Finanzen sicher durch die kommenden zwölf Monate zu manövrieren.

I. Zinstitel sind wieder einen Blick wert

Seit Ende Jänner 2022 gibt es bei den 10-jährigen deutschen Staatsanleihen wieder positive Renditen. Deutlich höher zeigt sich das Zinsniveau in den USA. „Anleihen sind nun wieder eine gute Portfoliobeimischung. Nicht unwesentlich wird die Auswahl von Anleihe-Bonitäten sein, hier ist ein guter Rat von einem qualifizierten und gut ausgebildeten Anlageberater sowie das nochmalige Hinterfragen der eigenen Risikobereitschaft entscheidend. Aus heutiger Sicht wird es durch den Zinsertrag allein schwer möglich sein, real das Vermögen zu erhalten, abgesehen von High-Yield-Anleihen“, sagt Rainer Bartusch, Vorstandsmitglied des Verbandes Financial Planners und hauptberuflich im Private Banking der Erste Bank Wien tätig.

II. Nicht alle Eier in einen Korb legen

Mit dem bildlichen Vergleich „Lege nicht alle Eier in einen Korb“ spricht sich Wirtschaftsnobelpreisträger Harry M. Markowitz für Vielfalt in der Kapitalanlage aus – also für eine breite Verteilung des Vermögens auf mehrere Anlageklassen. Im Fachjargon nennt sich diese Strategie Diversifikation und dient dazu, das Risiko zu reduzieren, indem Einbrüche in einzelnen Assetklassen gedämpft oder sogar ausgeglichen werden. Die Beachtung dieser Regel gilt für jedes Börsenklima sowie für „nicht depotfähige“ Vermögensanlagen wie Immobilien, Direktbeteiligungen und Kunst. „Gerade nach einem so schwierigen Jahr 2022 sollte die Anlagestrategie nochmals auf Ihre Gültigkeit hinterfragt werden. Dabei sollte man sich fragen: Habe ich mich wirklich für das richtige Risiko-Ertragsprofil entschieden? Bin ich mit den investierten Anlageklassen zufrieden? Will ich neue Anlageinstrumente aufnehmen? Sind Anleihen bzw. Anleihefonds wieder für mich interessant? Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit für mich?“, ergänzt Bartusch.

III. Für den Fall der Fälle vorsorgen

Der Gedanke, jemals an den Punkt zu gelangen, an dem die eigene Entscheidungsfähigkeit schwindet, wird oft und gerne verdrängt. Doch was, wenn sich der Gesundheitszustand derart verschlechtert und man wichtige Entscheidungen nicht mehr selbst treffen kann? Für diesen Fall sollte man entsprechend Vorsorge treffen und eine Vorsorgevollmacht erstellen. Nach wie vor haben sich zu wenig Menschen zum Abschluss solch einer Vorsorgevollmacht entschieden, in welcher geregelt wird, wer im Falle der Geschäftsunfähigkeit Entscheidungen hinsichtlich Gesundheit, Finanzangelegenheiten und Immobilien trifft. Im Grunde genommen ist die Vorsorgevollmacht für Fälle von temporärer Geschäftsunfähigkeit gedacht, sollte es aber doch zu einer dauerhaften Geschäftsunfähigkeit kommen, werden die in der Vorsorgevollmacht stehenden Vereinbarungen übernommen. Bartusch erläutert: „Unser Tipp – kommunizieren Sie mit Ihren engsten Vertrauten einen Termin, bis wann Sie die Vollmacht abgeschlossen haben wollen.“

IV. Den Gesamtüberblick nicht verlieren

Gerade nach einem so herausfordernden Anlage-Jahr wie 2022 bedarf es den Mut, mit sich selbst ehrlich zu sein und gegebenenfalls Unterstützung eines versierten Beraters eine Bestandsaufnahme zu machen und mögliche Umschichtungen in der eigenen Finanzplanung zu diskutieren. Bartusch rät: „Waren Anleihen voriges Jahr noch uninteressant für Neuinvestitionen, so gibt es mittlerweile wieder positive Renditen. Vorsicht geboten ist vermutlich bei manchen Immobilienprojekten, hier haben sich durch die massiv gestiegenen Immobilienpreise und Baukosten die Wirtschaftlichkeitsrechnungen angebotener Immobilienprojekte deutlich verschlechtert.“ Die Auswahl des passenden Finanzberaters sollte keinesfalls auf die leichte Schulter genommen werden. Neben Fachwissen, Objektivität und Integrität sind es dabei Zusatzausbildungen und Zertifizierungen – wie etwa jene zum Certified Financial Planner, kurz CFP® oder EFA (European Financial Advisor) – die einen kompetenten Berater auszeichnen, dem Konsumenten ihr Vertrauen schenken können.